IV. Eisenbahn, Post. Telegraphie. $ 111. 295
und dritter Klasse; die Vorsteher der Ämter erster Klasse heißen
Postdirektoren, die zweiter Klasse Postmeister, die dritter Klasse Post-
verwalter. Postagenturen kommen nur an kleinen Orten vor; die
Geschäfte derselben werden nicht von Beamten. sondern von geeig-
neten Ortseinwohnern als Nebenbeschäftigung besorgt. Wo ein lokales
Bedürfnis dazu vorhanden ist, können neben den Postämtern beson-
dere Telegraphenämter errichtet werden.
Die Beamten der Post- und Telegraphenverwaltung
sind Reichsbeamte. Die Ernennung der bei den Verwaltungsbehörden
der Post und Telegraphie erforderlichen oberen Beamten (Direktoren,
Räte u.s.w.) und der Aufsichtsbeamten (Inspektoren) geht vom Kaiser
aus. Die anderen bei den Verwaltungsbehörden fungierenden Be-
amten, sowie alle für den lokalen und technischen Betrieb bestimmten,
mithin bei den eigentlichen Betriebsstellen fungierenden Beamten,
werden nach den Vorschriften der Reichsverfassung von den Landes-
regierungen ernannt®. Diese Bestimmungen sind jedoch teils durch
besondere Verträge, teils durch die tatsächliche Verschmelzung
der preußischen Post- und Telegraphenverwaltung mit der Reichs-
verwaltung wesentlich modifiziert worden. Danach steht im größten
Teile des Reiches die Ernennung sämtlicher Post- und Telegraphen-
beamten den Reichsorganen zu; nur in Sachsen, Baden, beiden
Mecklenburg und Braunschweig bestehen noch Anstellungsrechte
der Landesregierungen®. Die Bestimmungen über die Qualifikation
der Beamten werden vom Kaiser oder den höheren Reichsbehörden
erlassen !°.
In Bayern und Württemberg besteht eine besondere Be-
hördenorganisation. Die obere Leitung steht in Bayern [dem Ver-
kehrsministerium], in Württemberg der [Verkehrsabteilung im Mini-
sterrum der auswärtigen Angelegenheiten] zu!!. Die Ernennung
sämtlicher Beamten und der Erlaß der Bestimmungen über die
Qualifikation derselben steht den Landesregierungen zu.
III. Die Rechtsverhältnisse der Post und Telegraphie sind teils
gesetzlich, teils auf dem Verordnungswege geregelt. Für
die Abgrenzung von Gesetzgebung und Verordnungsrecht sind für
die deutsche Reichspost- und Telegraphenverwaltung die Grundsätze
maßgebend, welche in der norddeutschen Post- und Telegraphen-
verwaltung galten, während die in der norddeutschen Verwaltung
bestehende Abgrenzung sich wieder nach den früheren preußischen
orschriften richtete !?,
9 R.Verf. Art. 50.
® Laband, 8, 48.
R.Verf. Art. 50. Vgl. Laband 3, 100.
ı [Für den inneren Postverkehr in Bayern gilt die Postordnung vom
27. März 1900 mit Nachträgen vgl Soydel- raßmanu $. 308.) in Württem-
erg die Postordnung vom 21. Mai 1900 mit Nachträgen (vgl. Goez, Württ.
Staater. S. 523),
2 [Preuß.Post.G. vom 5. Juni 1852.) — Verf. des nordd. Bundes und R.
Verf. Art. 48. — Für die Post enthält nähere Bestimmungen das R.G. über das
Postwesen vom 28. Oktober 1871 $ 50.