Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

304 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $& 118. 
8 118. 
Das Rechtsverhältnis zwischen der Post und demjenigen, der 
ihre Dienste in Anspruch nimmt, beruht auf einem Vertrage!. 
Gegenstand des Vertrages sind vermögensrechtliche Leistungen der 
Kontrahenten; das Verhältnis charakterisiert sich also seinem Inhalte 
nach als ein privatrechtliches®. Als Kontrahenten erscheinen 
der Reichsfiskus, der durch die Postverwaltung vertreten wird, auf 
der einen, und eine physische oder juristische Person auf der andern 
Seite. Der Abschluß des Vertrages steht jedoch nicht im Belieben 
der Postverwaltung, sondern muß erfolgen, wenn von dem andern 
Teile die gesetzlichen und reglementarischen Vorschriften beobachtet 
sind. Auch die Vertragsbestimmungen werden nicht in jedem 
einzelnen Falle vereinbart, sondern sind ein für allemal festgesetzt?. 
Sie beruben auf Gesetzen und auf Reglement der Postverwaltung. 
Durch Gesetz wird ein Spezialrecht für die Post geschaffen, das auch 
Abweichungen von den zwingenden Vorschriften des allgemeinen 
Zivilrechtes enthalten kann. Die Bestimmungen des Reglements 
dagegen haben nicht die Kraft gesetzlicher Vorschriften. Sie gelten 
als Bestandteile des zwischen der Postverwaltung und dem Einzelnen 
eingegangenen Vertrages*. 
[Die Bestimmungen des neuen Handelsgesetzbuches haben für 
die Beförderung von Gütern durch die Postverwaltungen keine 
Geltung mehr, die Postverwaltungen gelten nicht als Kaufleute im 
Sinne des Handelsgesetzbuches]’. Sofern es sich um Verkehr mit 
ı Kompe, Vom Posttrausportvertrage. Zeitschr. f. deutsch. Recht 18, 301; 
Kompe, Zur Lehre vom Postfrachtgeschäft. Zeitschr. f. Handelsr. 11, 7; 
v.d. Osten, Der einfache Sachtransport nach deutschem Reichspostrecht 1884: 
Müller, Die Verträge der Post. 1908.] Laband 8, 77: v.Sarwey, Öffentl. 
echt S. 330; Meili, Telephonrecht S. 175; Wirsing, a.a.0. S.4; Mittel- 
steina.a.0.8.8, LoeningS. 600; Jellinek, System der subjektiven öffent- 
lichen Rechte S. 221: Schott in Endemanns Handbuch des deutsch. Handels- 
rechts 1885. 3, 531, der annimmt, daß bei der Post gesetzliche privatrechtliche 
Obligationen vorlägen. Die gesetzlichen Verpflichtungen der Post existieren 
aber nur in abstrakto und sind allgemein darau ‚gerichtet, die von ihr betriebenen 
Geschäfte für jedermann auszuführen. Zur Herstellung von Verpfichtungen 
Begenüber einer konkreten Person ist ein Begründungsakt erforderlich und 
ieser besteht eben in einem Vertrage. Gegen das Vorhandensein eines Vertrages 
im Sinne des Privatrechts erklärt sich auch Zorn 2, 275. 
® Demnach ist die Behauptung v. Kirchenheims R.L. 3, 110 und Zorns 
2, 257**, daß das Postrecht einen Teil des öffentlichen, nicht des Privatrechtes 
bildet, in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. 
Laband 3, 92. . 
. „_* [Das auf Grund des Post-G. $50 erlassene, jetzt geltende Reglement ist 
die Postordnung von 1900. — „Die Postverwaltung als solche aber kann durch 
Erlaß allgemeiner Anordnungen Spezialvorschriften für die Geschäfte aufstellen, 
d.h. die naturalia negotü (das bürgerliche Recht) ausschließen, was sie auch In 
großem Umfang durch die Postordnung getan hat.“ Laband 8, 81.] 
5 [H.G.B. 58 452, 663. — Das neue H.G.B. weicht hierin vom alten H.G.B. 
Art. 421 Abs. 2 ab, „weil die Rechte und Pflichten der Post aus den von ihr 
übernommenen Beförderungen durch die Bestimmungen des Reichsgesetzes und 
der Postordnung eine so eingehende Regelung erfahren haben, daß ein Bedürfnis 
für die Anwendung der handelsrechtlichen Vorschriften über den Frachtverftr: 
nicht mehr besteht.” Denkschrift zum Entwurf des H.G.B. S. 268 eit. bei Laban
	        
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