314 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 114.
Verfahren durch Zahlung derselben und der Kosten zu vermeiden.
Kommt der Angeschuldigte dieser Aufforderung nicht nach, so tritt
ein Verfahren vor der Postbehörde ein, das mit einem Strafbescheide
abschließt. Die Postbehörde kann, so lange der Strafbescheid nicht
erlassen ist, die Sache zur gerichtlichen Entscheidung verweisen,
der Angeschuldigte nach Eröffnung desselben entweder auf recht-
liches Gehör antragen oder den Rekurs an die vorgesetzte Behörde
ergreifen ”?.
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Der Post als öffentlicher Verkehrsanstalt sind gewisse Vor-
rechte eingeräumt worden. Diese haben den Zweck, den Betrieb
der Post zu fördern und sicherzustellen. Sie sind nicht Ausfluß
eines Vertragsverhältnisses, in dem sich die Post befindet, sondern
beruhen auf gesetzlichen Vorschriften. Sie stehen ihr daher auch
nicht bloß gegenüber einzelnen Kontrahenten, sondern gegenüber
allen Personen, privaten und öffentlichen Korporationen zu, mit denen
sie bei Ausübung ihres Betriebes in Berührung kommt. Sie be-
stehen teils in der Befreiung der Post von öffentlichen Pflichten,
teils in dem Anspruch auf Leistungen anderer Rechtssubjekte. Im
einzelnen gestalten sie sich verschieden, je nachdem es sich um Be-
förderung der Post auf Eisenbahnen, Landwegen oder Wasserstraßen
handelt. .
1. Von größter Wichtigkeit sind die Beziehungen der Post zu
den Eisenbahnen. Als der Eisenbahnbau in Deutschland begann,
bestand das Postregal noch in einem sehr ausgedehnten Umfange.
Die Eisenbahnen wurden von den Beschränkungen, die sich für ihren
Betrieb aus der Existenz des Postregals ergaben, befreit, mußten
dafür aber gewisse Leistungen im Interesse der Post, namentlich die
Beförderung von Postsendungen, übernehmen. Die Verpflichtungen
der Eisenbahnen waren teils durch die den einzelnen Eisenbahn-
gesellschaften erteilten Konzessionen, teils gesetzlich geregelt!. Die
Reichsgesetzgebung beschränkte sich zunächst darauf, diese Vor-
schriften aufrecht zu erhalten und bestimmte, daß für neu erbaute
Eisenbahnen die notwendigen Anordnungen durch das Bundespräsi-
dium, bzw. den Kaiser festgestellt werden, und daß dabei die älteren
preußischen Vorschriften als Richtschnur dienen sollten?. Die Ver-
pflichtungen der Staatsbahnen wurden durch Reglements festgesetzt,
über die eine Vereinbarung im Bundesrate stattgefunden hatte®.
Später ist die ganze Angelegenheit auf dem Wege der Reichsgesetz-
gebung geregelt worden*. Die Bestimmungen des betreffenden
Reichsgesetzes finden jedoch auf Bayern und Württemberg keine An-
’® Post-G. & 34—46. Vgl. E.G. zur R.Str.Pr.O. $ 5.
ı Preuß. G. über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. Nov. 1838 & 3%.
: Nordd. B.G. vom 2. Nov. 1867 8 5. Post-&. 54. .
* Laband 8, 69.
* G., betr. die Anderung des $ 4 des G. über das Postwesen des Deutschen
Reiches vom 28. Okt. 1871 (Eisenbahn-Postgesetz) vom 20. Dez. 1875
(R.G.Bl. S. 318).