Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

338 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 120. 
3. Staats- bzw. Reichspapiergeld’. 
$ 120. 
Die Einführung des Staatspapiergeldes in Deutschland ge- 
hört dem 19. Jahrhundert an. In Preußen wurden zuerst durch die 
Verordnung vom 4. Februar 1806 die sogenannten Tresorscheine ge- 
schaffen, welche gesetzliches Zahlungsmittel sein und in allen Be- 
ziehungen dem Metallgelde gleichstehen sollten. Die Einrichtung der 
Tresorscheine, später Kassenscheine genannt, erhielt sich, während 
der Zwangskurs bald wieder aufgehoben wurde. Namentlich seit 
dem Jahre 1848 wurde in fast allen deutschen Staaten Papiergeld 
ausgegeben. Dieses Papiergeld war jedoch nur Papiergeld im wirt- 
schaftlichen Sinne; es hatte nicht die Eigenschaft eines gesetzlichen 
Zahlungsmittels. 
Durch Artikel 4 der Verfassung des Norddeutschen Bundes war 
die Emission von Papiergeld zu einem Gegenstande der Bundes- 
gesetzgebung erklärt worden. Im Interesse der späteren Regelung 
dieser Angelegenheit wurde schon im Jahre 1870 bestimmt, daß 
künftighin von den Einzelstaaten Papiergeld nur kraft eines auf An- 
trag der beteiligten Landesregierung erlassenen Bundesgesetzes aus- 
gegeben werden dürfe®. Durch das Reichsmünzgesetz wurde die 
Einziehung des einzelstaatlichen Papiergeldes angeordnet und ein 
Gesetz über die Ausgabe von Reichspapiergeld in Ausssicht gestellt®. 
Dieses Gesetz ist im Jahre 1874 erlassen und durch dasselbe an die 
Stelle des bisherigen Staatspapiergeldes ein einheitliches Reichs- 
papiergeld gesetzt worden. 
Den Einzelstaaten wurde die Verpflichtung auferlegt, das von 
ihnen ausgegebene Papiergeld bis zum 1. Januar 1876 einzuziehen 
und denjenigen unter ihnen, deren Papiergeld den ihnen zukommen- 
den Betrag von Reichskassenscheinen überstieg, ein Vorschuß aus 
der Reichskasse geleistet, welcher binnen 15 Jahren, vom 1. Januar 
1876 an gerechnet, zurückbezahlt werden mußte®. Künftighin darf 
von den Einzelstaaten Papiergeld nur auf Grund eines Reichsgesetzes 
ausgegeben werden®. Dieser Grundsatz findet auf das Reichsland 
Elsaß-Lothringen analoge Anwendung. Der Ausdruck „Papiergeld* 
ist ebensowohl bei den Bestimmungen über die Einziehung, als bei 
dem Verbot der künftigen Ausgabe im weiteren Sinne zu nehmen; 
es sind darunter alle von einem Staate ausgestellten, auf eine be- 
stimmte Geldsumme lautenden unverzinslichen Papiere, welche einen 
! Koch, Art. Papiergeld V.R.W.2 2,205; Lexis, H.W.B. 6, 15; [(Gierke 
2, 98; Laband 8, 19). 
2 R.G. über die Ausgabe von Papiergeld vom 16. Juni 1870. Ausgedehnt 
auf Baden und Südhessen durch Art. 80 der Verf. vom 15. Mai 1870, auf 
Württemberg durch Art. des Vertr. vom 25. Nov. 1870, auf Bayern durch R.G. 
vom 22. April 1871 $ 2 
® Münz-G. vom 9. Juni 1873 Art. 18. 
* R.G. betr. die Ausgabe von Reichskassenscheinen, vom 30. April 1874 
(R-Kass,Schein-G.) abg. durch G. vom 5. Juni 1906 (R.G.Bl. S. 730]. 
Münz-G. vom 9. Juni 1873 Art. 18: R.Kass.Schein-G. 88 2, 3. 
© R.Kass.Schein-G. $ 8. 
 
	        
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