Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

356 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 127. 
Statuten geregelt. Der Beitritt ist jedem Grundbesitzer, der den 
statutenmäßigen Erfordernissen entspricht, gestattet; ein Zwang zum 
Beitritt findet nicht statt. Der Verein nimmt die Kapitalien auf und 
beleiht die Güter seiner Mitglieder bis zu einer bestimmten Quote 
(!e, ®/s) des Wertes. Die vom Verein ausgestellten Schuldver- 
schreibungen heißen Pfandbriefe, für diese haften die Mitglieder des 
Vereins regelmäßig solidarisch. Die Geschäftsoperationen des Vereins 
finden entweder in der Weise statt, daß der Verein seihen Mitgliedern 
die Darlehen in barem Gelde auszahlt und selbst die Pfandbriefe in 
Umlauf setzt oder so, daß er seinen Mitgliedern Pfandbriefe gibt, 
es diesen überlassend, durch deren Veräußerung sich Geld zu ver- 
schaffen. Für die Schuld hat der Darlehnsnehmer dem Verein Hypo- 
thek zu bestellen; die Rückzahlung erfolgt in der Regel durch 
allmähliche Amortisation. Die Vereine haben den Charakter privat- 
rechtlicher Korporationen, auch ihre Rechtsbeziehungen sind privat- 
rechtlicher Natur‘. Die Tätigkeit der Staatsverwaltung beschränkt 
sich auf Überwachung derselben, zu welchem Zwecke meist ein be- 
sonderer Regierungskommissar bestellt wird. 
. Die Hypothekenbanken (Grundkreditbanken, Boden- 
kreditbanken)’. Sie bezwecken ebenfalls eine Vermittlung zwischen 
den kapitalbedürftigen Grundbesitzern und den Kapitalisten. Für 
die aufgenommenen Kapitalien stellen sie Pfandbriefe aus, gewähren 
gegen Bestellung von Hypothek Darlehen bis zu einem bestimmten 
Werte des Grundbesitzes und gestatten deren Rückzahlung im Wege 
der allmählichen Tilgung. Sie haben den Charakter von Aktien- 
gesellschaften und stehen unter den gewöhnlichen Grundsätzen des 
Privatrechtes. 
Die staatlichen und kommunalen Immobiliar- 
kreditanstalten. Auch sie bezwecken eine Vermittlung zwischen 
Kapitalisten und kapitalbedürftigen Grundbesitzern, nehmen Kapitalien 
auf, über die sie Schuldobligationen ausstellen, gewähren Darlehen 
bis zu einem bestimmten Werte des Grundbesitzes gegen Bestellung 
hypothekarischer Sicherheit und verpflichten den Schuldner zur 
Zahlung einer jährlichen Rente, welche zur Verzinsung und allmäh- 
lichen Amortisation des Kapitals bestimmt ist. Sie sind staatliche, 
provinzial- oder kommunalständische Anstalten. Sie bilden daher 
einen Gegenstand der staatlichen oder kommunalen Verwaltung. Bei 
dieser Verwaltung handelt es sich aber nicht um die Ausübung staat- 
licher Hoheitsrechte, sondern um den Abschluß vermögensrechtlicher 
Geschäfte, welche den Regeln des Privatrechtes unterstehen. Die 
betreffenden Institute können entweder überhaupt die Bestimmung 
haben, Darlehen auf Grundbesitz — einerlei für welche Zwecke — 
zu gewähren® oder einen beschränkteren Wirkungkreis besitzen, 
* A. A.: Rosin, Öffentliche Genossenschaft $. 92 N. 68a, der dieselben 
als öffentlich rechtliche Genossenschaft ansieht, und Loening, Verw.R, $ 166 
S. 650, welcher wenigstens den älteren preußischen Landschaften einen öffent- 
lich rechtlichen Charakter zuschreibt. 
° Hecht, Art. Hypothekenbanken H.W.B.? 4, 1250. 
® Anstalten dieser Art sind die Landeskreditanstalten zu Hannover (Hann. 
G. vom 18. Juni 1842, Preuß. G.G. vom 25. Dez. 1869, %4. Juli 1875, 7. März
	        
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