374 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. 3 135.
Das Verfahren bei Erteilung der Patente ist folgendes. Die
Anmeldung hat in der vom Gesetze vorgeschriebenen Form beim
Patentamt zu erfolgen®!. Sie unterliegt zunächst einer Vorprüfung
durch ein Mitglied der Anmeldeabteilung. Entspricht sie den vor-
geschriebenen Anforderungen nicht, so wird der Patentsucher auf-
gefordert, die Mängel zu beseitigen. Ergibt die Vorprüfung, daß
eine patentfähige Erfindung nicht vorliegt, so findet eine Benachrich-
tigung des Patentsuchers mit der Aufforderung statt, sich zu äußern.
Unterläßt derselbe, auf einen dieser Vorbescheide innerhalb der zu
bestimmenden Frist eine Erklärung abzugeben, so gilt die Anmeldung
als zurückgenommen; andernfalls faßt die Anmeldeabteilung Beschluß.
Sie weist das Patentgesuch zurück, wenn die Anmeldung den vor-
geschriebenen Anforderungen nicht genügt oder die Voraussetzungen
einer patentfähigen Erfindung nicht vorliegen. Erachtet sie die Er-
teilung eines Patentes nicht für ausgeschlossen, so verfügt sie die
Bekanntmachung der Anmeldung. Gleichzeitig mit dieser findet die
Auslegung der Anmeldung und ihrer Beilagen bei dem Patentamte
statt, nur bei den von der Reichsverwaltung für die Zwecke des
Heeres oder der Flotte nachgesuchten Patenten unterbleibt dieselbe.
Nach erfolgter Bekanntmachung kann binnen einer Frist von zwei
Monaten gegen die Erteilung des Patentes Einspruch erhoben werden.
Ein solcher Einspruch ist zulässig entweder auf Grund der Behaup-
tung, daß der Erfindung das objektive Erfordernis der Neuheit fehle,
oder auf Grund der Behauptung, daß der Anmeldende kein subjek-
tives Recht auf Erteilung des Patentes besitze, weil die von ihm an-
gemeldete Erfindung einem andern ohne dessen Erlaubnis entlehnt
sei. Einen Einspruch der ersteren Art kann jedermann, einen Ein-
spruch der letzteren nur, wer eine Verletzung seiner Rechte behauptet,
erheben. Nach Prüfung dieser Einwendungen hat die Anmelde-
abteilung über die Erteilung des Patentes Beschluß zu fassen; sie
kann zum Zwecke der Prüfung die Vernehmung der Beteiligten, die
Anhörung von Sachverständigen und sonstige zur Aufklärung der
Sache erforderlichen Ermittelungen anordnen. Der Beschluß lautet
entweder auf Erteilung des Patentes oder auf Abweisung des Patent:
gesuches ®?.
Gegen die Beschlüsse des Patentamtes, durch welche entweder
ein Patent erteilt oder ein Patentgesuch zurückgewiesen wird, steht
dem Patentsucher bzw. dem Widersprechenden das Recht der Be-
schwerde zu. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach der
®! [Bestimmungen über die Anmeldung von Erfindungen vom 22. Nov. 1898
vom Patentamt erlassen auf Grund von Pat.G. $20 Abs. 2. — Kohler, Lehr-
buch S. 99: Das Patenterteilungsverfahren ist ein Verfahren der freiwilligen
Gerichtsbarkeit. S. 94: die nicht eine freiwillige Gerichtsbarkeit des bürgerlichen:
sondern des öffentlichen Rechts ist, denn die Patenterteilung, welche etwas au3
dem Bereiche der allgemeinen Industrie herausgreift und dem Einzelnen zuweist,
handelt ebenso öffentlich rechtlich, wie wenn eine Behörde das Stück eine®
öffentlichen Weges zum Privatrecht macht. Darum gelten nicht die Grundsät2®
des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit, sie gelten mindestens nor
rechtsähnlich.] \
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