I. Organe der Verwaltung. $ 6. 25
selben nicht nach einem grundlegenden Prinzip, sondern auf Grund
einer Masse von Spezialbestimmungen, die bei den einzelnen Ver-
waltungsgebieten ihre Erwähnung finden. .
An der Spitze der Reichsbehörden steht der ‚Reichs-
kanzler. Er ist der höchste Verwaltungsbeamte des Reiches, be-
sitzt allein das Recht der verantwortlichen Kontrasignatur der kaiser-
lichen Anordnungen und Verfügungen und ist Chef aller Reichs-
behörden. Der Reichskanzler kann in Verhinderungsfällen entweder
für den gesamten Umfang seiner Geschäfte und Obliegenheiten ‚durch
einen Generalstellvertreter oder für die Amtszweige, die sich in der
eigenen Verwaltung des Reiches befinden, durch die Vorstände der
höheren Reichsbehörden als Spezialvertreter vertreten werden ®.
‚Die Reichsbehörden sind, da das Deutsche Reich nur auf
wenigen Gebieten eine unmittelbare Verwaltung besitzt, die Durch-
führung der Reichsgesetze vielmehr regelmäßig den Einzelstaaten
überläßt und sich selbst nur die Aufsicht vorbehält, zum größten
Teil reine Zentralbehörden. Nur auf den Gebieten, auf denen das
Reich unmittelbare Verwaltungsbefugnisse ausübt, die eine lokale
Tätigkeit erfordern, z. B. auf dem des Post- und Telegraphenwesens,
besteht eine in die einzelnen Teile des Reiches hinein verzweigte
Behördenorganisation.
Nach Gründung des Norddeutschen Bundes wurde eine Behörde
für die Bearbeitung der dem Bundeskanzler überwiesenen Gegen-
stände der Bundesverwaltung errichtet. Sie führte den Namen
Bundeskanzleramt, eine Bezeichnung, die seit der Gründung
des Reiches in Reichskanzleramt überging. Als zweite Reichs-
behörde trat neben das Bundeskanzleramt das fsühere preußische
Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, das, nachdem es
durch den Etat auf den Bund übernommen war, die Bezeichnung
auswärtiges Amt des Norddeutschen Bundes, später des Deutschen
Reiches erhielt. Neben diesen beiden Behörden traten allmählich
noch andere auf: die kaiserliche Admiralität, die Verwaltung des
Reichsinvalidenfonds, das Reichseisenbahnamt, die Reichsbankbehörden.
s lösten sich ferner vom Reichskanzleramt im Laufe der Zeit
einzelne Abteilungen los und wurden zu selbständigen Behörden,
zuerst das Generalpostamt und die Generaltelegraphendirektion, dann
das Reichsjustizamt und das Reichskanzleramt für Elsaß-Lothringen,
endlich das Reiehsschatzamt. Generalpostaint und Generaltelegraphen-
direktion wurden unter dem General ostmeister zu einer Behörde
vereinigt und später als Reichspostamt bezeichnet. Das Reichskanzler-
amt für Elsaß-Lothringen wurde infolge der Umgestaltung, welche
die Verfassung Elsaß-Lothringens durch das Reichsgesetz vom 4. Juli
1879 erfuhr, wieder aufgehoben. Für die Verwaltung der Reichs-
bahnen wurde ein besonderes Reichsamt errichtet. So blieb von dem
Reichskanzleramt schließlich nur noch die sogenannte Zentralabteilung
übrig, die seit dem 1. Januar 1880 die Bezeichnung Reichs-
amt des Innern annahm. Im Jahre 1889 wurde die Admiralität,
2 [Die Reichskanzlei hat als Zentralbureau den amtlichen. Verkeh’
des Reichskanzlers mit den Chefs der einzelnen Amter zu vermitteln.]