418 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. 3 151.
Wohlfahrt beherrscht. Den Inbegriff derselben bezeichnet man als
Gewerbepolizeirecht. Die Vorschriften des Gewerbepolizei-
rechtes sind verschieden für die stehenden Gewerbe, den Ge-
werbebetrieb im Umherziehen und den Marktverkehr.
Der von der Gewerbeordnung aufgestellte Grundsatz der Gewerbe-
freiheit bezieht sich aber nur auf solche polizeiliche Vorschriften,
die einen spezifisch gewerbepolizeilichen Charakter haben.
Dagegen ist die Befugnis der Landesgesetzgebung und der Landes-
polizeibehörden, die Ausübung der Gewerbe aus anderweiten
olizeilichen Gründen, z. B. aus Gründen der Straßen-, Feuer-,
esundheits- oder Baupolizei zu beschränken, durch die Gewerbe-
ordnung in keiner Weise berührt worden®°. Auch in die inneren
Verhältnisse der Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften wird
durch den Grundsatz der Gewerbefreiheit nicht eingegriffen ®!.
4. Stehender Gewerbebetrieh.
a) Allgemeine Grundsätze über den stehenden Gewerbetrieh.
$ 151.
Als stehender Gewerbebetrieb erscheint im Sinne der
Gewerbeordnung jede Form des Gewerbebetriebes, die in ihr nicht
ausdrücklich als Gewerbebetrieb im Umherziehen oder Marktverkehr
bezeichnet wird!,
Der stehende Gewerbebetrieb unterliegt einer Anzeigepflicht?.
Die Anzeige ist der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde
des Ortes zu erstatten. Sie hat gleichzeitig mit der Eröffnung des
Gewerbebetriebes zu geschehen. Verpflichtet zur Erstattung der An-
zeige sind: 1. alle Personen, die ein stehendes Gewerbe selbständig
betreiben, 2. die Agenten der Feuerversicherungsanstalten, obwohl
sie begrifflich nicht zu den selbständigen Gewerbetreibenden gehören.
In der Anzeige ist die Person des Gewerbetreibenden, die Art und
der Beginn des Gewerbebetriebes anzugeben. Personen, die Preß-
gewerbe betreiben?®, sind außerdem zu der Angabe des Lokals, ın
®° Vgl. Motive z. Entw. der Gew.O. Einleitung. Sten. Ber. 3, 110);
Seydel, Annalen $. 596; Laband 3. 200. Hänel 1. 689° 0.V.G. 2, 333, 390;
18, 302; 23, 254. O.L.G. München bei Reger 7, 355; Kammer-G. bei Reger
Eg. Bd. 1, 1. (Dandmann-Rohmer $ 1X; Biermann; Privatr. u. Polizei
in Preußen S. 52 (Literat.). ,
21 Dies ist namentlich für das Bestattungswesen von Wichtigkeit. Vgl.
Brie, Gutachten, betr. die Rechte der evangelischen Kirche zu Breslau hin-
sichtlich des Begräbniswesens, insbesondere über das Verhältnis dieser Rechte
zu der Reichsgewerbeordnung. Zeitsch. f. Kirch. R.%, 269; Friedberg) Das
Yirchlicha Ractatt ht und die Reich g } 1 g 1887 (Leipg. De anats-
progr.). R.Ziv. 98, 22. [42, 51) 1.
I Vgl. Motive zum Tit. Il des Entw. (Sten. Ber. 3, 115); [|Labaänd 8, 200°;
Landmann-Rohmer $ 14!; G. Meyer-Loening H.W.B.* 4, 910.]
® Gew.O. $ 14. [Besondere Anzeigepflicht für die in S 35 Gew.O. genannten
Gewerbe. Vgl. zu $ 35 das G., betr. die Abänderung d. Gew.O. vom 7. Jan.
1907 (R.G.Bl. S. 3) zur Beseitigung von Mißständen im Bau owerbe.] h
3 Zu dieser rechnet die Cewd. $ 14 Abs. 2 Buch- und Steindrucker, Buch-
und Kunsthändler, Antiquare, Leihbibliothekare, Inhaber von Lesekabinetten,
Verkäufer von Druckschriften, Zeitungen und Bildern.