Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

80 Erstes Buch. $ 8. 
zerfallen in solche, die sich innerhalb des Organismus der Ver- 
waltung bewegen, und solche, durch welche die Verwaltung zu 
anderen Rechtsobjekten in Beziehung tritt. 
I. Die Verhältnisse des. Verwaltungsorganismus be- 
ruhen auf dem Prinzip der Über- und Unterordnung. Die höheren 
Verwaltungsorgane haben gegenüber den niederen das Recht des 
Befehls, die niederen gegenüber den höheren die Pflicht der 
Folgeleistung. Die Befehle der höheren Verwaltungsorgane 
können aber in einer zweifachen Form vorkommen: als Verfü- 
gungen, d. h. Anordnungen für konkrete Angelegenheiten, und als 
Verordnungen, d. h. als abstrakte oder allgemeine Vorschriften 
für eine Anzahl von individuell nicht bestimmten Fällen. Verord- 
nungen dieser Art heißen Verwaltungsverordnungen oder 
Instruktionen* Für die innerhalb des Verwaltungsorganismus‘ 
vorkommenden Verfügungen und Verordnungen ist eine bestimmte 
Art der Publikation nicht erforderlich; es genügt, wenn sie in 
authentischer Weise zur Kenntnis der Behörden oder Beamten ge- 
bracht werden. Die Mitteilung erfolgt bei Verfügungen stets durch 
Zufertigung. Auch Verwaltungsverordnungen können durch Zu- 
fertigung an sämtliche Behörden, für welche sie erlassen sind, be- 
kannt gemacht werden; es genügt aber auch, wenn sie in Blättern 
abgedruckt werden, welche diese zu halten verpflichtet sind. 
Den höheren Verwaltungsorganen steht gegenüber den niederen 
ferner das Recht der Aufsicht® zu. Dieses Recht umfaßt ein 
Doppeltes. Zunächst die Befugnis, von der Tätigkeit der niederen 
Verwaltungsorgane Kenntnis zu nehmen. Die Kenntnisnahme kann 
entweder durch eigene Tätigkeit der höheren Verwaltungsorgane er- 
folgen, oder es kann dazu eine Mitwirkung der niederen in Form 
der Berichterstattung notwendig werden. In dem Recht der Auf- 
sicht ist aber außerdem die Befugnis enthalten, im Falle eines un- 
angemessenen oder pflichtwidrigen Verhaltens der niederen Organe 
die erforderlichen Maßregeln zu ergreifen. Diese Maßregeln sind 
® Laband2, 175 bezeichnet die Tätigkeit der Verwaltung als Geschäfts- 
führung, die Verwaltungsakte als Rechtsgeschäfte; ebenso Otto Mayer 
Arch. f. öffentl. R. 8, 44, Theorie des französischen Verwaltungsrechtes $S. 22; 
Dantscher v. Kollesberg, Die politischen Rechte der Untertanen. Heft 3. 
S. 70. [Weitere Literaturangaben bei Meyer-Anschütz $ 177!.] Wenn auch 
diesen Bezeichnungen unrichtige Gedanken nicht zu Grunde liegen, so sind 
doch die dem Privatrechte entnommenen Ausdrücke besser zu vermeiden oder 
wenigstens auf die Tätigkeit der Verwaltung im Bereiche des vermögensrecht- 
lichen Verkehrs zu beschränken, da sie zur Charakterisierun der obrigkeitlichen 
Funktionen der Verwaltung nicht angemessen erscheinen. gl. auch ernatzik, 
Rechtssprechung und materielle Rechtskraft. S. 10. 
[W. ellinek, Der fehlerhafte Staatsakt und seine Wirkungen. 1008.], 
[Gegen Otto Mayer 1, 95° bemerkt &. Meyer im Pehrbuch es 
Deutschen Staatsrechts $ 177°: „O. Mayer will den Begriff des Verwaltungs- 
aktes auf obrigkeitliche Akte beschränken, weil das Wort eine Übersetzung 
des französischen „acte administratif“ sei. Diese Behauptung ist nicht zutreffend; 
der Begriff hat sich in Deutschland durchaus selbständig entwickelt (vgl. auch 
Jellinek, Verw.Arch. 5, 306), und es besteht dabei keine Veranlassung, ihm 
entgegen dem klaren Wortlaut eine so eingeschränkte Bedeutung beizulegen.“] 
Bornhak, Art: Instruktionen V.R.W. 1, 677. 
5 (Vgl. Otto Mayer 2, 410 über die Aufsichtsgewalt.]
	        
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