II. Rechtliche Natur der Verwaltungsakte. $ 8. 3l
entweder Verfügungen, welche die Anordnungen niederer Verwaltungs-
organe abändern, oder diesen die Abänderung auftragen, oder
Zwangsmaßregeln, durch welche dieselben zur Erfüllung von Pflichten
angehalten werden, oder endlich Rügen und Ordnungsstrafen, welche
wegen stattgehabter Pflichtwidrigkeiten verhängt werden. Ein der-
artiges Einschreiten der höheren Verwaltungsorgane kann entweder
von Amtswegen erfolgen, oder durch die Beschwerde einer beteiligten
Privatperson veranlaßt werden. Dagegen ist in dem Recht der Auf-
sicht die Befugnis nicht enthalten, die Handlungen an Stelle der
untergeordneten Behörde selbst vorzunehmen. Diese Befugnis kann
den Verwaltungsbehörden nur gegenüber solchen untergeordneten Be
amten zugesprochen werden, welche lediglich als Hilfe- und Voll
streckungsbeamte der vorgesetzten Stelle fungieren ®.
Die Aufsichtsbefugnisse stehen den höheren Staatsverwal-
tungsorganen sowohl gegenüber den niederen staatlichen,
als gegenüber den kommunalen Organen zu. Sofern letztere
zur Mitwirkung bei der Ausübung staatlicher Verwaltungsbefugnisse,
2. B. der Polizeigewalt, berufen werden, sind sie dem Organismus
der Staatsbehörden vollständig eingegliedert. Die vorgesetzten Staats-
behörden können ihnen gegenüber alle vorher erwähnten Aufsichts-
Befugnisse ausüben. Wo es sich dagegen um eigene Angelegenheiten
der ommunalverbände, z. B. um die Abfassung kommunaler Statuten
und Akte der kommunalen Vermögensverwaltung handelt, findet eine
derartige Unterordnung der Kommunalorgane unter die Staatsorgane
nicht statt. Der Einfluß der letzteren auf die Kommunalangelegen-
heiten äußert sich in diesem Falle vielmehr in der Form der Be-
stätigung der betreffenden Akte?. Ein besonderer Ausfluß der staat-
lichen Aufsicht über die Kommunalverbände ist endlich das Recht
der Bestätigung gewisser Kommunalbeamten und der Auflösung ‚kom-
munaler Vertretungen. Diese Befugnisse finden ihre Rechtfertigung
in dem Umstande, daß die betreffenden Kommunalorgane entweder
geradezu zur Ausübung staatlicher Funktionen oder doch wenigstens
zur Ausübung von Tätigkeiten, welche für das Stantsleben von
großer Bedeutung sind, berufen werden, während den staatlichen
Drganen ein unmittelbarer Einfluß auf die Bestellung derselben nicht
zusteht,
Die höheren Reichsverwaltungsorgane haben unmittel-
bare Aufsichtsbefugnisse nur gegenüber den niederen Reichsver-
waltungsbehörden auszuüben. Die Staats-- und Kommunalbehörden
der Einzelstaaten sind, soweit nicht reichsgesetzlich etwas anderes
ausdrücklich festgesetzt ist, ihnen nicht unmittelbar untergeordnet;
die Reichsorgane müssen sich bei Ausübung der Aufsichtsbefugnisse
über dieselben der Vermittlung der Zentralbehörden der Einzel-
staaten bedienen. Dagegen besteht auf den Gebieten der Reichs-
kompetenz eine Aufsicht der höheren Reichsver ltungsorgane,
namentlich des Kaisers und des Reichskanzlers, gegenüber den Re-
® Vgl. LoeningS.54. A.A.: hinsichtlich polizeilicher Anordnungen preuß.
0.V.G. 2, 428. ,
7G@. Meyer, Art. Bestätigung V.R.W. 1, 189; Genehmigung 1, 571.