Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

456 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 159. 
Woche, Jahrmärkte zu bestimmten Zeiten des Jahres statt. Die 
Messen haben jetzt den Charakter gewöhnlicher Jahrmärkte®. 
Die Festsetzung der Zahl, Zeit und Dauer der Märkte ge- 
schieht durch die zuständige Verwaltungsbehörde. Dem Marktberech- 
tigten steht gegen eine solche Anordnung kein Widerspruch zu. 
Ein Entschädigungsanspruch gebührt ihm nur dann, wenn durch die 
Anordnung die Zahl der bis dahin abgehaltenen Märkte vermindert 
wird, und eine größere Zahl ausdrücklich und unwiderruflich ver- 
liehen war. Gemeinden, die einen Entschädigungsanspruch geltend 
machen wollen, müssen außerdem nachweisen, daß ihr Recht auf 
einen speziellen lästigen Titel sich gründet?. Dagegen sind Privat- 
personen, denen ein Marktrecht zusteht®, zu einem solchen Nachweis 
nicht verbunden. Die Entschädigungspflicht liegt dem Staate ob, der 
Entschädigungsanspruch kann im Rechtswege verfolgt werden. 
Gegenstände des Wochenmarktverkehrs sind: 
1. rohe Naturerzeugnisse mit Ausschluss des größeren Viehs; 
2. Fabrikate, deren Erzeugung mit der Land- und Forstwirt- 
schaft, dem Garten- und Obstbau oder der Fischerei in unmittel- 
barer Verbindung steht, oder zu den Nebenbeschäftigungen der Land- 
leuteder Gegend gehört, oder durch Tagelöhnerarbeit bewirkt wird, 
mit Ausschluß der geistigen Getränke; 
3. frische Lebensmittel aller Art; 
4. anderweite Waren, welche die zuständige Verwaltungsbehörde 
auf Antrag der Gemeindebehörde infolge von Ortsgewohnheit oder 
Bedürfnis zu Gegenständen des Wochenmarktverkehrs erklärt?; 
Gegenstände des Jahrmarktverkehrs sind: 
1. alle reichsgesetzlich feststehenden Gegenstände des Wochen- 
marktverkehrs; 
2. Verzehrungsgegenstände und Fabrikate aller Art. Zum Ver- 
kauf von geistigen Getränken zum Genuß auf der Stelle bedarf es 
jedoch der Genehmigung der Ortspolizeibehörde. Die geistigen Ge 
tränke gehören demnach ebenfalls zu den Gegenständen des Jahr- 
marktverkehrs, der Handel mit ihnen ist nur an eine erschwerende 
Bedingung geknüpft. Ein Ausschank geistiger Getränke ohne die 
erforderliche Erlaubnis fällt daher nicht unter die Strafbestimmungen 
der Gewerbeordnung für den unbefugten stehenden Gewerbebetrieb 
oder den unbefugten Gewerbebetrieb im Umherziehen !'. Er kann, 
da es an einer entsprechenden Strafbestimmung fehlt, nur polizeilich 
verhindert, insbesondere darf seine Fortsetzung unter Androhung: 
einer Geldstrafe untersagt werden. 
® Seydel, Annalen $. 677°; Loening, Verw.R. S. 515°. Die Meinun 
Bornhaks, preuß. Staatsr. 3, 398, daß das unterscheidende Merkm 
zwischen Wochen- und Jahrmärkten nur die Gegenstände des Marktverkehrs 
bildeten, ist nicht zutreffend. Bei Festsetzung der Wochen- und Jahrmärkte 
hat die Yerwaltungsbehörde dafür Sorge zu tragen, daß die Zeiten, in welchen 
der Markt staitän det, der gewählten Bezeichnung entsprechen. 
ew.O. . . 
8 Vgl. über die Marktrechte von Privatpersonen die Äußerungen_de8 
Präsidenten Delbrück in der Reichstagssitzung vom 20. April 1869 (Sten- 
Ber. S. 473). 
9 Gew.O. 8 66. 
10 Dies nimmt das Reichsgericht (R.Str. 1, 102) an.
	        
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