Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

Gewerbe. : $ 164. 463 
Anderung binnen einer zu setzenden Frist nicht bewirkt wird, 
. wenn die Innung ungeachtet wiederholter Aufforderungen der 
Aufsichtsbehörde die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben vernach- 
lässigt, 3. wenn die Innung sich gesetzwidriger Handlungen oder 
Unterlassungen schuldig macht, durch welche das Gemeinwohl ge- 
fährdet wird, oder wenn sie andere als die gesetzlich zulässigen 
Zwecke verfolgt, [4. wenn die Zahl der Mitglieder so weit zurückgeht, 
daß die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben dauernd gefährdet er- 
scheint.] Auch wenn einer dieser Fälle vorliegt, besteht nur eine 
Befugnis, keine Pflicht der höheren Verwaltungsbehörde zur Schließung ; 
ob sie von ihrer Befugnis Gebrauch machen will, liegt durchaus in 
ihrem Ermessen. Gegen die Verfügung, welche die Schließung aus- 
Spricht, ist Rekurs zulässig; die Angelegenheit ist entweder im Ver- 
waltungsstreitverfahren oder in dem für Gewerbekonzessionen vor- 
geschriebenen Verfahren zu erledigen. Die Schließung bewirkt, daß 
die betreffende Innung authört zu existieren und über ihr Vermögen 
nach den vorher erwähnten Bestimmungen der Gewerbeordnung ver- 
fügt wird; die Abwicklung der Geschäfte erfolgt [durch den Vor- 
stand unter Aufsicht der Aufsichtsbehörde. Genügt der Vorstand 
seiner Verpflichtung nicht oder tritt die Schließung der Innung ein, 
so erfolgt die Abwicklung der Geschäfte] durch die Aufsichtsbehörde 
oder durch Beauftragte derselben. Dagegen enthält die Schließung 
kein polizeiliches Verbot des Vereins. Die bisherige Innung darf, 
sofern sie nicht verbotene Zwecke verfolgt, als Privatverein fort- 
bestehen. 
[Die Innung muß geschlossen werden, wenn im selben Bezirk 
für das gleiche Gewerbe eine Zwangsinnung angeordnet wird]®. 
& 164. 
[Zwangsinnungen! können zur Wahrung der gemeinsamen 
gewerblichen Interessen der Handwerke gleicher oder verwandter 
rt durch die höhere Verwaltungsbehörde angeordnet werden®. Das 
bedeutet, daß innerhalb eines bestimmten Bezirkes alle Gewerbe- 
treibenden, die das gleiche oder verwandte Handwerk ausüben, der neuen 
Innung anzugehören haben. Die Anordnung erfolgt auf Antrag der 
Beteiligten ®, wenn 1. die Mehrheit der beteiligten Gewerbetreibenden 
der Einführung des Beitrittszwanges zustimmt, 2. der Bezirk der 
Innung so begrenzt ist, daß kein Mitglied durch die Entfernung seines 
ohnorts vom Sitze der Innung behindert wird, am Genossenschafts- 
eben teilzunehmen und die Innungseinrichtungen zu benutzen und 
3. die Zahl der im Bezirk vorhandenen beteiligten Handwerker zur 
ildung einer leistungsfähigen Innung ausreicht. — Der Antrag kann 
abgelehnt werden, wenn die Antragsteller einen verhältnismäßig nur 
mm 
3 
| ve Meyer Loening H.W.B.® 4, 920. — Zwangsinnungen sind 
erst durch das G. vom 26. Juli 1897 eingeführt. 
2 Gew.O. $ 100. . . 
® Der Antrag kann gestellt werden von einer bereits bestebenden end) 
oder von Handwerkern, die zu eıner neuen Innung zusammentreten wollen.
	        
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