Il. Auswärtige Verwaltung des Reiches. $ 169. 469
In Deutschland betätigen sich auf dem Gebiete der auswärtigen
Angelegenheiten das Reich und die Einzelstaaten®. Dem
Reiche ausschließlich ist das Recht der Kriegserklärung und Friedens-
schließung, die Mitwirkung bei der Ordnung der Angelegenheiten
auswärtiger Staaten und das Konsulatswesen vorbehalten. Dagegen
steht das Recht der Vertragsschließung®, sowie das aktive und passive
Gesandtschaftsrecht dem Reiche in Konkurrenz mit den Einzel-
staaten zu.
II. Auswärtige Verwaltung des Reiches.
1. Zentralverwaltung.
$ 169.
Als Organe der Zentralverwaltung in auswärtigen Ange-
legenheiten des Reiches fungieren der Kaiser und der Reichskanzler
Wit dem ihm untergebenen auswärtigen Amte des Deutschen Reiches.
Eine persönliche Tätigkeit des Kaisers wird überall da not-
wendig, wo es sich darum handelt, einen Akt mit völkerrechtlicher
Wirkung für das Reich vorzunehmen. Er hat im Namen des Reiches
rieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und andere
erträge mit fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu beglaubigen
und zu empfangen!. Aber auch abgesehen von diesen dem Kaiser
Ausdrücklich vorbehaltenen Befugnissen völkerrechtlicher Vertretung
ünterliegt die Leitung der auswärtigen Politik in hohem Maße dem
Persönlichen Einfluss desselben. Schon in der preußischen Ver-
Waltungspraxis des 17. und 18. Jahrhunderts hatte sich der Grund-
satz ausgebildet, daß über alle Fragen der auswärtigen Politik die
Persönliche Entscheidung des Königs einzuholen sei. Bei der Ein-
Fichtung des auswärtigen Ministeriums wurde die fernere Beobachtung
dieses Grundsatzes dem Chef desselben ausdrücklich zur Pflicht ge-
acht ®. Die damals gegebene Vorschrift ist in Preußen unverändert
estehen geblieben und hat auch für das Deutsche Reich Geltung
ehalten, da das auswärtige Amt des Deutscheri Reiches nichts
anderes ist, als das auf letzteres übergegangene preußische auswärtige
Inisterium.
B Beschränkt ist der Kaiser in Ausübung seiner völkerrechtlichen
efugnisse insofern, als er zu einer Kriegserklärung im Namen des
® Vgl. Meyer-Anschütz $ 80 Il. 1; 35 188—1%.
schk ? Über die Ausscheidung der Kompetenzen in bezug auf die Vertrags-
Schließung vgl. Meyer-Anschütz $ 80’. Beim Abschluß von Handels-
vuerägen mit Österreich und der Schweiz, sowie beim Abschluß von Post-
tüträgen mit außerdeutschen Staaten hut das Reich die Verpflichtung, Ver-
„eter der benachbarten Staaten zuzuziehen. Vgl. Schlußprotokoll zum Zoll-
Nr. Jpevertrage vom 8. Juli 1867 Nr. 8, Schlußprotokoll vom 23. Nov. 1870
UR.Verf. Art. 11.
® V, über die veränderte Verfassung aller obersten Staatsbehörden in der
Preußischen Monarchie vom 27. Okt. 1810 (G.S. 8. 20).