DO. Auswärtige Verwaltung des Reiches. $ 170. 471
Die Organisation der Reichsgesandtschaften beruht auf An-
ordnung des Kaisers, der in seinen Organisationsbefugnissen durch
die Festsetzungen des Reichshaushaltsetats beschränkt wird. Die
Gesandtschaften bestehen aus dem an der Spitze stehenden Gesandten
und dem diesem beigegebenen Hilfspersonal. Die Gesandten zerfallen
nach den völkerrechtlichen Rangklassen in Botschafter, Gesandte,
Ministerresidenten und Geschäftsträger.
Die Rechtsverhältnisse der Reichsgesandten und des ge-
sandtschaftlichen Personals richten sich nach den Vorschriften des
eichsbeamtengesetzes?. Die Gesandten gehören zu den Beamten,
ie durch kaiserliche Verfügung jederzeit gegen Gewährung des ge-
Ketzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand versetzt werden
nnen?,
Die Funktionen der Reichsgesandten sind:
1. Die Führung von Verhandlungen mit der fremden
Regierung, bei der sie beglaubigt sind. Bei Ausübung dieser
Tätigkeit haben die Gesandten die Grundsätze des Völkerrechtes
und die Instruktionen zu beobachten, welche ihnen von ihrem Vor-
gesetzten, dem Reichskanzler oder dessen Stellvertretern in aus-
wärtigen Angelegenheiten, insbesondere dem Staatssekretär des aus-
wärtigen Amtes, zugehen. Dagegen fehlt es gänzlich an gesetzlichen
Vorschriften für diesen Zweig ihrer Tätigkeit. Die Ver andlungen
Öönnen die völkerrechtlichen Beziehungen des Reiches zu dem fremden
taate, Angelegenheiten der zum Reiche gehörenden Staaten, die eine
eigene Landesgemeinschaft in dem betreffenden Staate nicht unter-
halten oder Angelegenheiten der einzelnen Reichsangehörigen zum
Gegenstande haben.
2. Die Abstattung von Berichten an ihren Vor-
8esetzten, den Reichskanzler oder dessen Stellvertreter. Diese
Berichte haben nicht nur die eigene Tätigkeit der Reichsgesandten
zum Gegenstande, sondern sollen sich auf alle Ereignisse und Zu-
stände in dem fremden Staate erstrecken, über die nähere Kenntnis
zu erlangen für die Reichsregierung von Interesse ist.
. 3 Erteilung von Rat und Auskunft an die im Ge-
biete des fremden Staates sich aufhaltenden Reichs-
Angehörigen. .
4. Obrigkeitliche Befugnisse können den Reichsgesandten
naturgemäß nicht zustehen, da sie ihre Funktionen außerhalb des
eichsgebietes, also an Orten ausüben, wo das Reich Hoheitsrechte
2 i tenresetz vom 17. Mai 1907 (R.G.Bl. 8. 245).
— Beantenhiterhlicbenungesefs vom 17, Mai 1907 (RG.Bl. $. 208], — Be-
Sondere Strafbestimmungen für die gesandtschaftlichen und anderen Beamten
In Dienste des Auswärtigen Amtes finden sich im sog. Arnimparagraphen
RStr.G.B, $ 353a. — Über das ungedruckte Regulativ, betr. die diplomatischen
Prüfungen vgl. v. Roenne, preuß. Staatsr. 3, 256; [Hübler, Magistraturen
des völkerrechtlichen Verkehrs. 1900. S. 3. — Seit dem 1. Mai 1908 gilt eine
Neue, veröffentlichte Prüfungsordnung. ]
® Reichsbeamtengesetz $ 25. . .
‘ Val Sehlußprotakoll "zum Vertrage mit Bayern vom 23. Nov. 1870
Nr. VIII.