Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

48U Drittes Buch. $ 173, 
3. das Recht, Notariatsurkunden über Rechtsgeschäfte von 
Reichsangehörigen aufzunehmen. Diese Urkunden haben innerhalb 
des Reiches kraft reichsgesetzlicher Vorschrift dieselbe Beweiskraft 
wie die von den dort angestellten Notaren aufgenommenen Urkunden; 
innerhalb des Aufenthaltsstaates dagegen besitzen sie eine solche nur 
insofern, als dieser selbst sie ihnen beilegt. Die Rechtsgeschäfte 
können einseitige Rechtsgeschäfte, namentlich letztwillige Ver- 
fügungen, oder Verträge sein. Zur Aufnahme ersterer sind die Kon- 
suln nur befugt, wenn sie von Reichsangehörigen ausgehen, zur Auf- 
nahme letzterer, wenn wenigstens ein Teil Reichsangehörigkeit be- 
sitzt, einerlei ob die andere Partei Reichsangehöriger oder Fremder 
ist. Dagegen steht den deutschen Konsuln die Befugnis nicht zu, 
als Notare bei Rechtsgeschäften zu fungieren, die Ausländer mit 
einander schließen®. Die Frage, ob das betreffende Rechtsgeschäft 
rechtsgültig vor einem Notare abgeschlossen werden konnte, beant- 
wortet sich nach den Grundsätzen des internationalen Privatrechts; 
4. die Regulierung der in ihrem Amtsbezirke befindlichen Ver- 
lassenschaften verstorbener Reichsangehöriger®; 
5. die Vornahme von Eheschließungen und Beurkun- 
dungen des Personenstandes Reichsangehöriger im Ausland 
kraft Ermächtigung durch den Reichskanzler oder die Landesgesetz- 
gebung. Hierfür gelten dieselben Grundsätze wie für die gleiche 
Tätigkeit der Gesandten’. 
II. Sehr zahlreich sind die konsularischen Amtsbefugnisse, die 
sich auf den Schiffahrtsverkehr beziehen. In dieser Beziehung 
ist den Konsuln übertragen: 
1. die Polizeigewalt® über die Schiffe der Handels- 
marine®. Diese gibt ihnen. die Befugnis, überall da anordnend 
und befehlend einzugreifen, wo dies aus Gründen des öffentlichen 
Wohles und der Sicherheit oder im Interesse der bei dem Schiffe 
beteiligten Personen, also des Reeders, des Schiffers, des Schiffs- 
personals, der Passagiere oder der Personen, die das Schiff befrachtet 
haben, notwendig erscheint. Sie gewährt ihnen ferner das Recht, 
auf den deutschen Handelsschiffen zur vorläufigen Festnahme eines 
Verbrechers zu schreiten, wenn die Voraussetzungen eines richter- 
  
+ KG. 88 16, 17. 
® Einige völkerrechtliche Verträge gestatten zwar die Aufnahme von 
Verträgen, die Ausländer miteinander schließen, wenn sie sich auf Grund- 
eigentum oder Vermögensstücke beziehen, die in dem Absendestaate des Kon- 
suls gelegen sind, oder auf Geschäfte, die dort verhandelt werden sollen. Aber 
sie gewähren diese Berechtigung dem Konsul nur, soweit sie ihm nach den 
Gesetzen seines Staates zusteht. Und die deutsche Reichsgesetzgebung kennt 
bis jetzt eine derartige Befugnis nicht, denn & 16 des deutschen K.G. legt, den 
Konsuln notarielle Funktionen nur für solche Geschäfte bei, bei welchen Reichs- 
angehörige beteiligt sind. 
° K.G. $ 18. Die Ausübung dieser Befugnis erfordert die Genehmigung 
des Aufenthaltsstastes. [V. d. Reichsk. vom 6. Dez. 1875, betr. die Tätigkeit 
der Konsuln in Verlassenschaftssachen.] 
7K.G. & 13. — Vgl. oben $ 170. 
8 [vet oßteuscher, Die Polizei der deutschen Konsuln. Annalen 
1907 S. 443.] 
®» K.G. 3 33.
	        
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