Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

486 Drittes Buch. $ 174. 
nach der Person des Beklagten; in der Türkei und Persien erfolgt 
die Entscheidung durch die einheimischen Gerichte, den Konsuln 
steht nur die Befugnis zu, den ihrer Gerichtsbarkeit unterworfenen 
Personen im Prozeß zu assistieren. In Ägypten ist nach der Durch- 
führung der Gerichtsreform vom 10. November 1874 den gemischten 
Landesgerichten übertragen worden: 1. die Entscheidung aller Zivil- 
streitigkeiten zwischen Inländern und Ausländern und zwischen Aus- 
ländern verschiedener Nationalität mit Ausnahme der Statusfragen, 
sowie die Entscheidung aller Zivilrechtsstreitigkeiten, die sich auf 
eine in Ägypten belegene unbewegliche Sache beziehen, ohne Rück- 
sicht auf die Nationalität der Parteien; 2, strafrechtliche Gerichts- 
barkeit in bezug auf Übertretungen, sowie in bezug auf Verbrechen 
und Vergehen, die gegen die gemischten Gerichte selbst, bzw. gegen 
deren Mitglieder, soweit sie sich in Ausübung ihres Berufes befinden, 
oder von diesen Mitgliedern in Ausübung ihres Berufes begangen 
werden. Den Konsuln sind demnach noch verblieben: 1. Zivil- 
streitigkeiten unter Reichsangehörigen und Schutzgenossen, die sich 
nicht auf eine in Ägypten belegene unbewegliche Sache beziehen, 
sowie die Entscheidung aller Statusfragen von Reichsangehörigen 
und Schutzgenossen; 2. die Aburteilung von Verbrechen und Ver- 
gehen der Reichsangehörigen, soweit sie nicht unter die vorher er- 
wähnten Ausnahmen fallen !#. 
Die Ausübung der Konaulargerichtsbarkeit erfolgt durch den 
Konsul als Einzelrichter, durch das Konsulargericht [un 
durch das Reichsgericht.] Das Konsulargericht besteht aus 
dem Konsul als Vorsitzendem und zwei oder vier Beisitzern, 
welche der Konsul aus den achtbaren Gerichtseingesessenen 
oder in Ermangelung solcher aus sonstigen achtbaren Einwohnern 
seines Bezirkes ernennt. Der Konsul bedarf zur Ausübung 
der Gerichtsbarkeit der Ermächtigung des Reichskanzlers, 
dieser kann neben dem Konsul oder an dessen Stelle einem anderen 
Beamten die Ausübung der richterlichen Befugnisse des Konsuls 
übertragen *. Die Zuständigkeit des Konsuls ist die der Amts 
gerichte, die des Konsulargerichtes die der Schöffen- 
gerichte und Landgerichte”. Auf die vor die Schwurgerichte 
oder in erster Instanz vor das Reichsgericht gehörigen Strafsachen 
erstreckt sich die Konsulargerichtsbarkeit überhaupt nicht; dieselben 
sind den zuständigen inländischen Gerichten zu überweisen. Be 
rufungen gegen die Entscheidungen des Konsuls oder des Konsular- 
gerichtes gehen, so weit sie überhaupt zulässig sind, an das Reichs- 
gericht!%. Für die Entscheidung der bürgerlichen Streitigkeiten sın 
maßgebend die Reichsgesetze, das preußische Landrecht und die das 
bürgerliche Recht betreffenden allgemeinen Gesetze der preußischen 
  
!8 Reglement d’organisation judiciaire pour les proets mixtes en keypie 
(Staatsarchiv Bd. XIX. Nr. 5592, S. 157) [verkündet am 16. Sept. 1875- 
Vgl. Hleischmam, Völkerrechtsquellen 1905, Nr. $8.] 
1 6 
5 K.GG. 8 7, 10. 
1» K.G.G. $ 14.
	        
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