Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

I. Landheer. 3 178. 499 
IL. Die Bestimmungen der Reichsverfassung über das 
Verhältnis von Reichsheer und Kontingenten, insbesondere tiber die 
Abgrenzung der kaiserlichen und landesherrlichen Befugnisse finden 
Jedoch nur in einem sehr kleinen Teile des Reichsgebietes praktische 
Anwendung. In Preußen fließen beide Befugnisse in derselben 
Person zusammen, ebenso in Elsaß-Lothringen, wo dem Kaiser 
die Ausübung der gesamten Staatsgewalt, also auch die Ausübung 
er militärischen Befugnisse übertragen ist, die im übrigen Reichs- 
gebiete den Landesherren zustehen. Für die übrigen Staaten 
sind die Vorschriften der Reichsverfassung durch Konventionen 
wesentlich modifiziert worden. Die kleineren deutschen Landesherren 
einschließlich der Großherzöge haben auf einen großen Teil der 
ihnen zustehenden Rechte zugunsten des Königs von Preußen ver- 
zichtet und ihre Truppen sind in den Verband der preußischen Armee 
aufgenommen worden?®. Dagegen haben die Befugnisse Sachsens ®®, 
Württembergs 8° und namentlich Bayerns®? durch die Konventionen 
m 
8 Diese Konventionen sind sämtlich von Preußen abgeschlossen worden, 
Und zwar datieren die jetzt in Kraft befindlichen Konventionen mit Baden vom 
5. Nov, 1870, mit Hessen vom 18. Juni 1871, Ergänzung dazu vom 8. Nov. 1892, 
mit Mecklenburg-Schwerin vom 24. Juli 1868 und 19. Dez. 1872, mit Mecklen- 
nurg-Strelitz vom 9. Nov. 1867 und 23. Dez. 1872, mit Oldenburg vom 15. Juli 
1867, mit den thüringischen Staaten, d. h. Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, 
Sachsen-Altenburg, Sachsen-Koburg-Gotha, Schwarzburg-Rudolstadt, Reuß älterer 
und jüngerer Linie, vom 15. Sept. 1873, mit Anhalt vom 16. Sept. 1873, mit 
Schwarz urg-Sondershausen vom 17. Sept. 1873, mit Lippe vom 14. Nov. 1873, 
mit Schaum urg-Lippe vom 25. Sept. 1878, mit Waldeck vom 24. Nov. 1877, 
Mit Lübeck vom 27. Juni 1867, mit Hamburg vom 23. Juli 1867, mit Bremen 
vom 27. Juni 1867, mit Braunschweig vom 9./18. März 1886. Sie sind abgedruckt 
in „Die Militärgesetze des Deutschen Reiches“. Neue Bearbeitung 1890 1, 55 
bis 193 und in den Anlagen zu den stenographischen Berichten des Nord- 
deutschen und Deutschen Reichstages. Sess. 1867 Bd. II, S. 62 ff., 1372 Bd. III, 
S. 702 ff., 1873 Bd. III, S. 128 ff, 1874 Bd. III, S. 170 ff, 1878 Bd. III, S. 540 tf., 
1885/86 Ba. VL, S. 1434 f. Ein Teil der Konventionen, nämlich die mit Baden, 
Hessen, den beiden Mecklenburg, Oldenburg und den Hansestädten sind auf 
Unbestimmte Zeit abgeschlossen; ihre Au ündigung kann daher nur mit 
beidergeitiger Einwilligung geschehen. Bei den anderen ist eine Kündigung 
vorbehalten, doch durfte dieselbe nicht vor dem 1. Okt. 1884. bei Waldee 
Dicht vor dem 1. Okt. 1887, bei Braunschweig nicht vor dem 31. März 1896, 
und muß mindestens zwei Jahre vor der bea sichtigten Auflösung erfolgen. 
Vgl. v. Kirchenheim, Art. Militärkonventionen ‚B.W. 2, 116; Meyer- 
Anschütz 8 1971: Laband4, 31?. Die Rechtsgültigkeit dieser Konventionen 
beruht auf einem ausdrücklichen Vorbehalt in Art, 66 der Reichsverfassung, 
welcher nicht bloß auf das Ernennungsrecht der Offiziere, sondern auf die den 
Landesherren und Senaten überhaupt vorbehaltene Rechtsstellung zu beziehen 
ist, nd Sen Haenel 1, 490%. A. A. hinsichtlich der Klausel in 
Art, 66: Laband 4, 24 u.a. (vgl. Meyer-Anschütz $ 197'). die aber gleich- 
falls die Rechtsgültigkeit der Konvention nicht bezweifeln. 
2® Konvention zwischen Preußen und Sachsen vom 7. Febr. 1367, abge- 
druckt in Glasers Archiv des Norddeutschen Bundes, Heft III, S. 44, die 
Militär esetze a. a. O. S. 66. Die Rechtsgültigkeit derjenigen Bestimmungen 
dieser onvention, die Abweichungen von den Vorschriften der Reichsver- 
fassun enthalten, ist allerdings zweifelhaft. Vgl. Meyer-Anschütz $ 197*. 
®° Konvention zwischen dem Norddeutschen Bunde und Württemberg vom 
21.125. Nov. 1870 (R.G.Bl. 1870, 8. 658). Sie ist durch die Schlußbestimmung 
*um XI. Abschnitt der R.Verf. ausdrücklich bestätigt worden. 
a Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde und Bayern vom 28. Nov. 
1870, Nr. III, & 5 (R.G.BL. 1871, S. 19), ebenfalls bestätigt durch die Schluß- 
bestimmung zum Xl, Abschnitt der R.Verf. 39% 
 
	        
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