Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

538 Viertes Buch. Dritter Abschnitt. $ 189. 
zeitigen Meldung zum Militärdienst hat den Verlust der Berechtigung 
zum einjährig freiwilligen Dienst zur Folge; die Berechtigung kann 
jedoch nach Befinden der Ersatzbehörden wieder verliehen werden. 
Wird der sich Meldende bei der körperlicheu Untersuchung, welche 
der Annahme seitens des Truppenteils vorherzugehen hat, für un- 
tauglich befunden, so hat er sich bei den Ersatzbehörden zu melden, 
die nach den allgemein gültigen Grundsätzen über seine Dienstpflicht 
entscheiden. 
Zum einjährig freiwilligen Dienst in der Marine sind, ab- 
gesehen von den Seeleuten von Beruf, welche die gewöhnliche 
Qualifikation erlangt haben, auch diejenigen berechtigt, die das 
Steuermannsexamen bestanden haben. Die Einjährig-Freiwilligen der 
Marine sind zur Selbstbekleidung und Selbstverpflegung nicht ver- 
ichtet '°. 
P 2. Die Freiwilligen können die Absicht haben, ein über die 
gesetzlichen Pflichten hinausgehendes Maß militäri- 
scher Leistungen zu übernehmen!!. Zu den Freiwilligen dieser 
Art gehören namentlich die, welche aus dem Militärdienst ihren 
Lebensberuf zu machen gedenken. Ein derartiger freiwilliger Dienst 
kann von nicht wehrpflichtigen und von wehrpflichtigen Personen 
geleistet werden. Die hier in Frage stehenden Freiwilligen zerfallen 
in zwei Klassen, je nachdem sie die Absicht haben, sich dem niederen 
Militärdienst, d. h. dem Dienst als Gemeine und Unteroffiziere bzw. 
Matrosen, oder dem höheren, d.: h. dem Dienst als Offiziere zu 
widmen. Die ersteren sind die Kapitulanten und die Zöglinge der 
Unteroftizierschulen bzw. der Schiffsjungenabteilung, die letzteren die 
Offiziersaspiranten. 
a) Kapitulanten!? heißen Personen, die sich freiwillig zu einer 
bestimmten aktiven Dienstzeit als Unteroffizier oder Gemeiner ver- 
pflichten, die über das ihnen gesetzlich obliegende Maß von Leistungen 
hinausgeht. Eine Kapitulation kann nur von solchen ‚Personen 
eingegangen werden, die sich entweder bereits im aktiven Militärdienst 
befinden, oder wenigstens von einem Truppenteil angenommen sind. 
Die Kapitulationen haben daher überhaupt nicht die Wirkung, den 
aktiven Militärdienst zu begründen. Diese Begründung erfolgt bei 
den Kapitulanten durch Aushebung oder durch Annahme seitens des 
Truppenteiles auf Grund der Meldung zum mehrjährig freiwilligen 
Dienst. Die Kapitulation bewirkt lediglich eine Verlängerung der 
bestehenden Dienstpflicht. Der Hauptzweck der Kapitulation ist die 
®° W.G. 8 17. R.M.G. (G. vom 6. Mai 1880) $ 14. W.O. $$ 88—94. 
1 W.G.8 13, Nr. 4 MO. $ 21. 
‚N Auch die längere aktive Dienstpflicht, welche den Zöglingen militärischer 
Bildungsanstalten obliegt (W.O. $$ 10, 87), ist eine freiwillige, da ja der Ein- 
tritt in die Bildungsanstalt auf freiem Entschluß beruht. 
12 y, Stengel, Art. Kapitulanten, V.R.W. 1, 709. — Vgl. $ 1 Abs. 4 des 
G. über die Versorgung der Personen der Unterklassen u.s.w. vom 31. Mai 1906 
(R.G.Bl. S. 599). . 
11 Die für die preußische Armee maßgebenden Vorschriften über Kap! 
tulationen beruhen auf der Verordnung vom 8, Juni 1876 (Militärgesetze Bd. I, 
ff). Für Bayern und Württemberg sind gleichlautende BDe- 
stimmungen durch besondere Verordnungen eingeführt worden. Für die Marine 
ist die V. vom 19. Febr. 1884 (Mar.V.Bi. S. 41 ff.) maßgebend.
	        
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