Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

5592 Viertes Buch. Dritter Abschnitt. $ 19. 
d) In Bayern besitzt der König von Bayern das Recht der 
Ernennung aller Offiziere ohne jede Ausnahme und ohne irgend 
welche Mitwirkung des Kaisers ®!, 
Das Recht der Ernennung der Offiziere schließt auch das Recht 
der Beförderung ein. Dieses Recht verteilt sich daher zwischen 
Kaiser und Kontingentsherren ebenfalls nach dem vorher angegebenen 
Maßstabe. Die Beförderung soll regelmäßig nach der Anciennität 
erfolgen; es ist jedoch dieses Prinzip durchaus nicht streng durch- 
geführt, so daß dem Ermessen des Ernennenden ein weiter Spielraum 
bleibt. Die Kontingentsherren sind bei der Besetzung der einzelnen 
Stellen auf die Offiziere ihrer Kontingente beschränkt. Der Kaiser 
kann dagegen bei der Besetzung aller Stellen, einerlei ob dieselbe 
von ihm in seiner Eigenschaft als Kaiser oder in seiner Eigenschaft 
als Kontingentsherr des preußischen Kontingentes erfolgt, aus den 
Offizieren aller Kontingente wählen“®. Nur Bayern gegenüber findet 
diese Bestimmung keine Anwendung°®, und bei Auswahl von 
Offizieren aus dem württembergischen Kontingent soll ein vorheriges 
Einvernehmen mit dem König von Württemberg stattfinden. Die 
Beförderung eines Offiziers zu einer höheren Charge ist ebenso, wie 
die Ernennung, ein Akt der Militärverwaltung und erfolgt unter 
ministerieller Verantwortlichkeit. 
2. Die Ernennung, Beförderung und Versetzung der Marine- 
offiziere steht dem Kaiser zu®. "Die Ernennungen und Beförde- 
rungen erfolgen unter Verantwortlichkeit des Reichskanzlers, bzw. 
seines Stellvertreters. 
Die Rechte und Pflichten der Offiziere sind die- 
selben, wie die der Personen des Soldatenstandes überhaupt. Als die 
wesentlichen Pflichten erscheinen: Erfüllung der Dienstobliegen- 
heiten, Gehorsam gegenüber den Befehlen der Vorgesetzten und Be- 
obachtung eines achtungswürdigen Verhaltens. Letztere Pflicht ist in 
dem Offiziersstande besonders ausgebildet, nicht nur in höherem Maße 
als bei Unteroffizieren und Gemeinen, sondern auch in höherem Maße 
als bei den Zivilbeamten. Verletzungen derselben unterliegen in 
leichteren Fällen einer disziplinären Bestrafung nach Maßgabe der 
Vorschriften der Disziplinarstrafordnung, schwere Verletzungen bilden 
dagegen den Gegenstand eines besonderen ehrengerichtlichen Ver- 
fahrens ?®. Die Ehrengerichte haben den Zweck, die Ehre des Offizier- 
?ı Bündnisvertrag vom 23. Nov. 1870, Nr. III, $ 5. — Die Behauptung 
Thudichums, v. Holtzendorffs Jahrbuch für Gesetzgebung 2, 99, dab die 
Kommandanten der künftig vom Reiche in Bayern zu erbauenden Festungen vom 
Kaiser zu ernennen seien, ist mit der vertragsmäßig anerkannten Militärhoheit 
des Königs von Bayern nicht vereinbar. 
2 R.Verf. Art. 64. 
ss Bündnisvertrag vom 23. Nov. 1870, Nr. IH, $ 5. 
2* Konvention mit Württemberg Art. 7. 
®6 R.Verf. Art. 58. 
» V. über die Ebrengerichte der Offiziere im preußischen Heere vom 
2. Mai 1874, eingeführt in den anderen Kontingenten durch besondere Ver- 
ordnungen. Die V. gilt mit einigen Abweichungen für die Offiziere der Schutz- 
truppen durch V. vom 15. Juni Taor. — An die Stelle der V. vom 2. Nov. 1875 
trat die V. über die Ehrengerichte der Offiziere in der Kaiserl. Marine vom 
 
	        
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