Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

III. Verwaltungsgerichtsbarkeit. $ 10. 43 
‚In Elsaß-Lothringen besteht noch eine Art Verwaltungs- 
Berichtsbarkeit im Anschluß an die älteren französischen Einrich- 
ungen 26, . 
2. Organisation der Verwaltungsgerichte'. 
$ 10. 
Die Organisation der Verwaltungsgerichte war ur- 
sprünglich in den süddeutschen Staaten? und in Preußen eine wesent- 
lich verschiedene. In ersteren bestand lediglich ein oberster Ver- 
waltungsgerichtshof, während die Entscheidung der Verwaltungs- 
streitsachen in den unteren Instanzen den Verwaltungsbehörden über- 
lassen blieb. Dagegen trat in Preußen die Scheidung schon in der 
Mittleren Instanz ein. Während dem Kreis- (Stadt)- Ausschuß 
noch die Entscheidung sowohl in Verwalt gsangelegenheiten, 
den sogenannten Beschlußsachen, als in Verwaltungsstreitsachen zu- 
stand, begann in der Bezirks- und Provinzialinstanz bereits eine 
Trennung beider Angelegenheiten. Die Beschlußsachen wurden vom 
Bezirksrat und Provinzialrat, die Verwaltungsstreitsachen vom Be- 
zirksverwaltungsgericht erledigt. Von den Bezirksverwaltungsgerichten 
ging der Instanzenzug an das Oberverwaltungsgericht. Durch das 
Preußische Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 
1883 wurden aber Bezirksrat und Bezirksverwaltungsgericht zu einer 
einzigen Behörde, dem Bezirksausschuß, vereinigt, - 
wohl. lußsachen als Verwaltungsstreitsachen gehören, Dadurch 
ist die Verschiedenheit, die zwischen Preußen und den süddeutschen 
Staaten vorhanden war, beseitigt worden, so daß die Organisation 
der Verwalt gsgerichtsbarkeit jetzt überall eine wesentlich gleich- 
artige Gestaltung aufweist. In unterer Instanz bestehen keine 
besonderen Verwaltungsgerichte. Als Verwaltungsgerichte fungieren 
ier Bebörden, die auch reine Verwaltungsangelegenheiten zu erledigen 
aben. Die Besetzung dieser Behörden ist allerdings eine verschiedene. 
In Bayern, Württemberg und Sachsen bestehen sie lediglich aus 
Berufsbeamten *, während sie in Preußen, Baden und Hessen zu einem 
°® [Die Regelung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolgte in einigen Staaten 
namentlich in Braunschweig (vgl. Radkau, Verw.Arch. 4, 421), Oldenburg und. 
ahalt im engen Anschluß an die preußischen Bestimmungen. In der nach- 
folgenden Darstellun sind vorwiegend die Gesetze der König- 
reiche und der Großherzogtümer Baden und Hessen berück- 
t 
sichtigt. 
1 NeL Meyer-Anschütz $ 182.| 
° [Vgl. E.v. Meier, Enzykl.'®, 752; Anschütz, Verw.R. S. 361] _ 
° [Über das preußische System vgl. E.v. Meier, Enzykl.2, 747; Anschütz, 
Verw.R. S. 359; Kunze, Verwaltungsstreitverfahren 1908. 8. 6ff. 
* In Bayern entscheiden in den unteren Instanzen die Distriktsbehörden 
bezw. Magistrate, die Kreisregierungen, das Oberbergamt, die Generalzoll- 
administration. Die den Magistraten zustehenden Entscheidungen können und 
die den Kreieregierungen, Kammern des Innern, zustehenden müssen durch 
besondere Senate erfolgen, die bei den betreffenden Behörden gebildet werden. 
In Württemberg steht die Entscheidung in den niederen Instanzen den Kreis- 
regierungen, [in Sachsen den Kreishauptmannschaften] zu. .
	        
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