598 Viertes Buch. Vierter Abschnitt. $ 210.
Festsetzung der Entschädigungssummen erfolgt unter Ausschluß des
Rechtsweges*? durch sachverständige Schätzung. Die Anmeldung
der Ersatzansprüche hat binnen vier Wochen zu geschehen °°,
3. Kriegsleistungen''.
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Kriegsleistungen? im Sinne des heutigen deutschen Militär-
rechts heißen die Leistungen der Bevölkerung im Interesse mobiler
Truppenteile. Die Verpflichtung zu Kriegsleistungen beginnt
mit dem Erlaß des Mobilmachungsbefehls® und endet mit dem
Wiedereintritt des Friedenszustandes. Dieser wird durch kaiserliche
Verordnung festgesetzt‘. Wenn die Mobilmachung nicht die ganze
Armee umfaßt, sondern sich auf einzelne Teile beschränkt, so tritt
auch die Verpflichtung zu Kriegsleistungen nur gegenüber den
mobilen Truppenteilen ein®, die nicht mobilen Truppenteile haben
dann lediglich Anspruch auf die Prästierung von Friedensleistungen.
Dagegen besteht in einem solchen Falle hinsichtlich der Verpflichtung
zu den Kriegsleistungen keine territoriale Beschränkung, sie können
von den mobilen Truppenteilen im ganzen Reiche gefordert werden.
Auch die Kriegsleistungen dürfen nur insoweit gefordert werden,
als sie durch ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen festgesetzt sind.
Das Kriegsleistungsgesetz legt aber den militärischen Autoritäten
die Befugnis, Kriegsleistungen zu fordern, in so weitem Umfange
4 Die Worte „unter Ausschluß des Hechtsweges” sind erst durch $ 7 des
R.G. vom 21. Juni 1887 hinzugefügt worden. Dadurch wird die Beschreitung
des Rechtsweges, soweit Existenz und Umfang des Schadens und die Höbe
der Entschädigung in Betracht kommen, ausgeschlossen. Dagegen können un-
beschadet dieser Bestimmung anderweite, bei Gelegenheit von Eotschädigungs-
forderungen auftretende Rechtsfragen zum Gegenstand gerichtlicher Entscheidung
gemacht werden. Vgl. die Verhandlungen des Reichstages in den Sitzungen
vom 23. und 25. Mai 1887 (Sten.Ber. 1, 697, 727).
s° N.L.G. $$ 11—14, 16.
!E. Meier, Art. Kriegsleistungen R.L. 2, 580; v. Kirchenheim
V.R.W. 1, 872; Laband 4, 286.
2 Eine allgemeine gesetzliche Regelung der Kriegslasten hat im Laufe
des 19. Jahrhunderts durch Gesetze der einzelnen deutschen Staaten statt-
gefunden. Unter diesen ist namentlich das preußische Gesetz wegen der Kriegs-
eistungen und deren Vergütung vom 11. Mai 1851 zu erwähnen. Dasselbe ist
später auf die neuen Provinzen ausgedehnt (Preuß. V. vom 22. Sept. 1867) und
im Norddeutschen Bunde (Präs. V. vom 7. Nov. 1867), Südhessen (Hess. V. vom
29. Mai, 1868), Baden (Bad. G. vom 26. Dez. 1870) und Elsaß-Lothringen (G. vom
22. Juni 1872) eingeführt worden, während die älteren landesgesetzlichen Vor-
schriften in Bayern (Bayr. V. vom 22. Juli 1819) und Württemberg (Württ. G.
vom 18. Juni 1864) auch nach Gründung des Reiches zunächst noch in Kraft
blieben. Eine einheitliche Regelung ist im Jahre 1873 durch
das Reichsgesetz über die Kriegsleistungen erfolgt:
über die Kriegsleistungen vom 183. Juni 1873 (Kr.L.G.). In Elsaß-Lothringen
eingeführt durch G. vom 6. Okt. 1873. Ausf. V. vom 1. April 1876, 18. April
882, 6. Juni 1885, 14. April 1888, 27. Juni 1890. Die Ausf. Verordnungen
gelten, da es aa um Vorschriften für den Kriegsfall handelt, auch für Bayern.
Tr.L.\r. .
* Kr.L.G. 5 32.
> Kr.L.G. 3 1.