III. Steuern. $& 226. 657
einzelne Staaten ihre Zollverwaltung an Preußen abgetreten, andere
sich zu einer gemeinsamen Zollverwaltung vereinigt®. Diese Ver-
hältnisse sollten auch im Reiche bestehen bleiben’. Aus dem Grund-
satze, daß die Erhebung und Verwaltung der Zölle den Einzelstaaten
zusteht, ergeben sich folgende Konsequenzen:
a) Die Organisation der Zollbehörden ist Sache der
Einzelstasten. Es bestehen nur gewisse gemeinsame Grundsätze, die
bei Durchführung der Organisation zu beobachten sind®. In den
Grenzbezirken wird mit Rücksicht auf die dem Reiche obliegende
Pflicht der Kostenerstattung die Zahl der Zollstellen und der dort
fungierenden Beamten durch den Bundesrat festgestellt.
b) Den höheren Behörden der Einzelstaaten steht die Befugnis
zu, Instruktionen(Verwaltungsverordnungen)zu erlassen,
durch welche die Tätigkeit der ihnen untergeordneten Beamten ge-
regelt wird. Das Recht zum Erlaß derartiger Verwaltungsverord-
nungen besitzt aber außerdem auch der Bundesrat kraft der ihm in
der Reichsverfassung für Ausführungsbesti gen zu den Reichs-
gesetzen beigelegten Verordnungsgewalt. Bei Abstimmungen über
Bundesratsverordnungen gilt ebenfalls der Grundsatz, daß im Falle
von Meinungsverschiedenheiten die Stimme des Präsidiums den Aus-
schlag gibt, wenn sie sich für Aufrechterhaltung der bestehenden
Einrichtungen ausspricht®. Die Verwaltungsverordnungen der höheren
Landesbehörden müssen sich innerhalb der Schranken halten, die
durch die Reichsgesetze und die Verordnungen des Bundesrates ge-
zogen sind.
c) Der Einzelne, der zollpflichtige Waren ein- oder
ausführt, tritt in keinerlei unmittelbare Beziebungen zum Reiche,
sondern lediglich in Beziehungen zu dem betreffenden Einzelstaate.
Die aus der Zollerhebung hervorgehenden pekuniären Ansprüche und
Verbindlichkeiten stehen daher nicht dem Reichsfiskus, sondern dem
betreffenden Landesfiskus zu !?.
Die Erhebung und Verwaltung der Zölle muß nach Maßgabe
der reichsgesetzlichen Vorschriften erfolgen. Zollerlasse
und Zollerleichterungen sind daher die Einzelstaaten nur auf Grund
einer reichsgesetzlichen Ermächtigung zu gewähren befugt. Dem
® Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck. Später hat Preußen auch noch
in einigen mecklenburgischen, oldenburgischen, lübecker und hamburger Ort-
schaften die Zollverwaltung übernommen. Vgl. Laband 4, 424; Hacnel
1, 405. ı
® Die thüringischen Staaten einschließlich der thüringischen Gebietsteile
Preußens bilden den sogenannten thüringischen Zoll- und Steuerverein (Vertr.
vom 10. Mai 1833, 26. Nov. 1852, 3. April 1853, 27. Juni 1864, 20. Nov. 1889).
? Art. 36 der R.Verf. spricht jedem einzelnen Bundesstaate das Recht
der Zollerhebung, soweit er es bisher geübt hat, nur „innerhalb seines Ge-
bietes“ zu. Dieser Zusatz ist nicht nur bedeutungslos, sondern positiv un-
richtig, denn nach der erweislichen Absicht der Reichsverfassung sollte auch
die Zollverwaltung fortdauern, die bisher in fremdem Gebiete ausgeübt war.
Vgl. Laband 4, 424°. , ,
8 7,V, Vertr. vom 8. Juli 1867 Art. 3, 83 6, 16, 19.
O R.Verf. Art. 7,37,
ı Vgl. Laband 4, 335, 426; Zorn 2, 69; Gierke 1, 477.
Meyer-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht. 3. Aufl. 42