Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

III. Steuern. $ 232. 673 
f) Zollstrafrecht', 
$ 232. 
Zollstrafrecht ist der Inbegriff der Strafbestimmungen, die 
Zuwiderhandlungen gegen die Zoligesetze zum Gegenstande haben ?. 
Seine Regelung erfolgte nicht durch das Reichsstrafgesetzbuch, 
sondern durch Spezialgesetze?. 
Die beiden Hauptvergehen* des deutschen Zollstrafrechtes sind 
die Kontrebande? und die Zolldefraudation. Kontrebande 
ist die Ein-, Aus- oder Durchfuhr solcher Gegenstände, die einem 
Ein-, Aus- oder Durchfuhrverbote unterliegen, Zolldefraudation 
oder Hinterziehung der Zölle ist jede Handlung, durch die jemand 
sich der Entrichtung der Zölle rechtswidrig zu entziehen sucht®. 
Die Kontrebande ist streng genommen kein Zollvergehen, sondern 
ein Zuwiderhandeln gegen ein polizeiliches Verbot. Die beiden 
Delikte sind aber mit Rücksicht auf die gleichartige Beschaffenheit 
! Löbe, Das deutsche Zollstrafrecht? 1901; Merkel, Art. Zollvergehen 
R.L. 8, 1440; v. Liszt, Strafrecht $ 201; Laband 4, 441; Otto Mayer I, 
447 $ 31: Die Finanzstrafe. 
® Die Strafbestimmungen über die Verletzungen der Zollgesetze beziehen 
sich nur auf die Verletzungen der Zollgeaetze es eigenen Staates. Durch 
völkerrechtliche Verträge kann jedoch die Verpflichtung übernommen sein, auch 
Z/uwiderhandlungen gegen die Zollgesetze eines anderen Staates zu strafen. 
Eine solche Verpflichtung wurde zwischen dem Deutschen Reich und Österreich- 
Ungarn durch das Zollkartell vom 23. Mai 1881 begründet. In Ausführung 
dieser Verpflichtung erfolgte der Erlaß des R.G., betr. die Bestrafung von 
Zuwiderhandlungen gegen die österreichisch - ungarischen Zollgesetze vom 
17. Juli 1881. Im Anschluß an den H.Vertr. vom 6. Dez. 1891 hat eine fast 
unveränderte Erneuerung des Zollkartells stattgefunden; das G. von 1881 wurde 
ersetzt durch G. vom 9. Juni 
? Die maßgebenden Vorschriften finden sich im V.7.G. $$ 134—165 und 
im R.G., betr. die Sicherung der Zollvereinsgrenze in den vom Zollgebiet aus- 
eschlossenen hamburgischen Gebietsteilen vom 1. Juli 1869, ausgedehnt auf 
ie ausgeschlossenen bremischen Gebietsteile (R.G. vom 28. Juni 1879). — 
Otto Mayer 1, 450°: Die Kriminalisten behandeln dieses ganze Zwischen- 
gebiet zum Verwaltungsrecht meist sehr stiefmütterlich. . 
4 Otto Mayer 1, 449: Man unterscheidet zwei Arten von Finanzdelikten: 
die Defraudattion oder Hinterziehung und die sonstige Verfehlung 
gegen die Sicherheitsvorschriften, die mit einer bloßen Ordnungsstrafe bedroht 
ist und als Ordnungswidrigkeit bezeichnet werden mag. — In ; : 
Bei Laband steht natürlich die Kontrebande an der Spitze der Zolldelikte; 
nach seiner Theorie ist je eigentlich auch die Defraudation ihrem inneren 
Wesen nach ein Bruch des Einfuhrverbotes, Kontrebande. G. Meyer, der 
durch keine selbstgemachte Theorie gebunden ist, bemerkt ganz richtig: „die 
Kontrebande ist streng genommen kein Zollvergehen, sondern eine Zuwider- 
handlung gegen ein polizeiliches Verbot. 
5 Ze $ 134. G., betr. die Sicherung der Zollvergineprenze Art. 1. — 
Vgl. Havenstein, Zollgesetzgebung® zu, .2.G. $ 1342: ie Kontrebande 
(bzw. Defraudation) setzt voraus, daß das Einbringen der Ware über die Grenze 
(zu irgend welchem Zweck) ein vorsätzliches war („wer es unternimmt“), und 
daß der Täter das Bewußtsein hatte, das Einbringen der Ware sei verboten 
oder könne verboten sein, bzw. bei der Defraudation, es sei geknüpft oder 
könne geknüpft sein an eine Zollentrichtung, welche er nicht zu leisten gedenkt. 
8 V2G. 185. G., hetr. die Sicherung der Zollvereinsgrenze Art. 2. 
7 Otto Mayer 1, 449: Es ist klar, daß ein derartiges Verbot kein Finanz- 
befehl, daß die Kontrebande keine Verletzung eines Finanzinteresses, kein 
Finanzdelikt sein kann. 
Meyer-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht. 3. Aull. 43
	        
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