Ill. Verwaltungsgerichtsbarkeit. $ 14. 55
Kompetenzstreitigkeiten zwischen Verwaltungs-
behörden und Verwaltungsgerichten!® werden entweder
vom obersten Verwaltungsgerichtshofo!! oder von dem ordentlichen
Kompetenzgerichtshofe!? oder von einem besonderen Senate des Ver-
waltungsgerichtshofes entschieden, der sich aus höheren Verwaltungs-
beamten und Mitgliedern des obersten Verwaltungsgerichtshofes zu-
sammensetzt !®, r
8 14.
Die erste Gruppe der Verwaltungsstreitsachen bilden die An-
gelegenheiten, bei denen es sich nicht um Schutz eines indi-
viduellen Rechtskreises, sondern lediglich um die Auf-
rechterhaltung objektiver Rechtsvorschriften handelt.
Die Verwaltungsklage bezweckt in diesem Falle Anfechtung von
Verwaltungshandlungen wegen Gesetzwidrigkeit. Derartige Anfech-
tungen kommen im preußischen und badischen Recht und zwar in
einer zweifachen Form vor.
Die erste Form ist die, daß einem Verwaltungsorgan
die Befugnis übertragen wird, die Handlungen eines anderen Ver-
waltungsorganes im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens an-
zufechten. Im Verhältnis solcher Behörden, die lediglich aus Staats-
berufsbeamten bestehen, hat sich das Bedürfnis einer derartigen
Einrichtung niclıt herausgestellt, da hier die staatliche Aufsicht und
Dieziplin ausreicht. Dagegen besteht dieselbe im Verhältnis der an
der Spitze der einzelnen Verwaltungsbezirke stehenden Staatsver-
waltungsbeamten und solcher Kollegien, die ausschließlich oder zu
einem großen Teil aus Elementen der Selbstverwaltung bestehen.
Sie tritt in Preußen in einer zweifachen Gestalt auf. Entweder steht
dem staatlichen Verwaltungsbeamten die Befugnis zu, die Beschlüsse
der angegebenen Kollegien im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens
anzufechten, so daß ersterer als Kläger, letztere als Beklagte auf-
treten. Diese Befugnis besitzt in Preußen der Landrat bzw. der Vor-
sitzende des Kreis(Stadt)-Ausschusses, gegenüber Beschlüssen des
Kreis(Stadt)-Ausschusses in staatlichen Verwaltungsangelegenheiten,
der Regierungspräsident gegenüber den Beschlüssen des Bezirksaus-
schusses und der Oberpräsident gegenüber den Beschlüssen des Pro-
vinzialrates. Oder den staatlichen Verwaltungsbeamten ist das
Recht eingeräumt, Beschlüsse kommunaler Körperschaften zu bean-
1° [Über die Kompetenzkonflikte zwischen Geriehten und Verwaltungs-
behörden vgl. Meyer-Änschütz $ 181, Literatur daselbst Note 1; Anschütz
Verw.R. S. 382; Otto Mayer 1, 220.; Schmidt, Lehrb. d. deutsch. Zivil-
prozeßrechts® S. 17
s 360] Preuß. L.V.G. $ 113. [Vgl. dazu Kunze, Verwaltungsstreitverfahren
* Württ. G., betr. die Entscheidung von Kompetenzkonflikten vom
25. August 1879. In Baden entscheiden die Verwaltungsgerichte über ihre Zu-
ständigkeit; dem Vertreter des Staatsinteresses steht gegen die Entscheidungen
des Verwaltungsgerichtshofes die Nichtigkeitsbeschwerde wegen Unzuständigkeit
zu, über welche der Kompetenzgerichtshof entscheidet (Verw. Ger.@. $ 42).
18 Bayr. G. über Kompetenzkonflikte vom 18. August 1879. Art. 29.
Richtiger zu zitieren als: Ver.G.G. Art. 50 in der Fassung vom 18. Aug, 1879.
gl. dazu Reger-Dyroff, Verwaltungsgerichtsgesetz* 1908 zu Art. 508. 547.]