Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

702 Fünftes Buch. $ 252. 
des Reiches an dieses zu leisten verpflichtet sind. Der Maßstab, 
nach dem ihre Erhebung stattfindet, ist die Bevölkerung? und zwar 
nach den jetzt maßgebenden Grundsätzen die ortsanwesende Be- 
völkerung®. Die Festsetzung der Höhe der Matrikularbeiträge ge- 
schieht durch den Reichshaushaltsetat; dabei ist für die Länder, die 
nicht an allen Einnahmen und Ausgaben des Reiches teilnehmen, 
also für Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen, eine 
komplizierte Berechnung erforderlich. Die Ausschreibung der 
Matrikularbeiträge erfolgt durch den Reichskanzler*. Sie darf aber 
nur bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages geschehen. Über 
diese Höhe kann der Reichskanzler selbst dann nicht hinausgehen, 
wenn Ausfälle in den anderen Einnahmen des Reiches die Erhöhung 
der Matrikularbeiträge als notwendig erscheinen lassen. Eine solche 
Erhöhung kann nur durch eine andere Etatsfeststellung stattfinden. 
Dagegen darf der Reichskanzler, wenn die Einnahmen des Reiches 
sich höher herausstellen, als sie im Etat veranschlagt sind, einen 
Teil der Matrikularbeiträge unerhoben lassen. Tatsächlich wird 
jedoch so verfahren, daß die Matrikularbeiträge nach Maßgabe der 
Etatsfestsetzung zur Hebung gelangen und daß etwaige Überschüsse 
in dem nächsten Etat als Einnahme, etwaige Fehlbeträge als Aus- 
gabe eingestellt werden. 
II. Außer den Matrikularbeiträgen bestehen noch andere 
Zahlungen, welche die Einzelstaaten dem Reiche zu leisten haben. 
Diese unterscheiden sich von den Matrikularbeiträgen dadurch, daß 
sie nicht Ausfluß der bloßen Zugehörigkeit der Staaten zum 
Reichsverbande sind, sondern auf Grund besonderer Rechts- 
verhältnisse entrichtet werden müssen. Die Pflicht zur Zahlung 
liegt daher auch nicht allen Staaten des Reiches nach einem gleich- 
artigen Maßstabe, sondern nur einzelnen Staaten ob, bei denen 
solche besondere Rechtsverhältnisse bestehen. Diese Zahlungen sind: 
. Die Aversen, die einzelne Länder dafür entrichten, daß 
bestimmte Reichssteuern in ihrem Gebiete oder in einzelnen Teilen 
desselben nicht zur Erhebung gelangen. Derartige Aversen werden 
von den Staaten mit Zollexklaven für Zölle und Verbrauchssteuern>, 
von Elsaß-Lothringen für die Biersteuer, von Sachsen-Weimar und 
Sachsen-Koburg-Gotha für die in den Exklaven Ostheim und Königs- 
berg nicht erhobene Biersteuer gezahlt®. 
2 R.Verf. Art. 70. 
3 Laband 4, 479. 
* R.G., betr. Anderungen im, Finanzwesen des Reiches vom 14. Mai 1904 
R.G.Bl. S. 169) und R.G., betr. Änderung im Finanzwesen vom 15. Juli 1909 
(R.G.Bl. S. 743), Vgl. Meyer-Anschütz $ 208 S. 773, Laband, RSt.R.' 
1909 $8 VIII, S. 406. 
R.Verf. Art. 38, 
. ® Der Unterschied zwischen den Leistungen der Staaten, die mit Rück- 
sicht auf ihre Nichtbeteiligung an gewissen Reichseinnahmen höhere Matri- 
kularbeiträge und derjenigen, die statt dessen Aversen zahlen, ist folgen- 
der: Zwischen ersteren und den übrigen Staaten des Reiches erfolgt die 
Feststellung der Anteile, die beide zu den Ausgaben des Reiches beizutragen 
haben, lediglich nach Mußgabe der Bevölkerung ohne Rücksicht auf den 
Ertrag der betreffenden Steuern. Die Beiträge der Staaten, die an Stelle ein- 
zelner Reichssteuen Aversen zu zahlen haben, richten sich dagegen nach 
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