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Abschnitte des allgemeinen Strafgesetzbuches*. Die gesetzlichen
Vorschriften reichten jedoch nirgends aus, weil die Verschiedenheit
der örtlichen und individuellen Verhältnisse überall das Bedürfnis
besonderer Anordnungen hervortreten ließ. Deshalb ist auch nach
erfolgter Kodifikation des sogenannten Polizeistrafrechtes das Ver-
ordnungs- und Verfügungsrecht der Polizeibehörde durch ausdrück-
liche gesetzliche Bestimmungen aufrecht erhalten worden.
Man scheidet demnach die Polizeigesetze in zwei große
Gruppen: die Polizeistrafgesetze und die Polizei-
verwaltungsgesetze°.
Polizeistrafgesetze* sind die Polizeigesetze, welche den
Untertanen gewisse Handlungen unter Androhung von Strafe ge-
bieten oder verbieten’. Derartige Gebote und Verbote finden sich
in den Polizeistrafgesetzbüchern und gewissen Abschnitten der
allgemeinen Strafgesetzbücher und in solchen Verwaltungsgesetzen,
die lediglich die Regelung eines einzelnen Verwaltungsgebietes be-
zwecken. Die sogenannten Polizeistrafgesetze bilden einen Bestand-
teil des Strafrechtes, nicht des Verwaltungsrechtes®, Eine
scharfe Grenze zwischen polizeilichem und kriminellem Unrecht läßt
sich überhaupt nicht ziehen. Jedenfalls hat die frühere Unterscheidung
vom 26. Juni 1889 [25. Febr. 1895]; Anh.-Dess. Pol. Str.G.B. vom 29. März 1855,
auf das ganze Herzogtum ausgedehnt durch G. vom 1. Juli 1864.
* Preuß. Str @.B. vom 14. April 1851, $ 332 ff.; Str.&.B. für das Deutsche
Reich vom 15. Mai 1871, $ 360 ff. ,
s L. v. Stein, Verwaltungslehre. T. IV, S. 31; Gneist, Rechtsstaat
S. 118, zur Verwaltungsreform und Verwaltungsrechtspflege in Preußen, S. 7;
Rosin a.a. 0. S. 27.
® Rosin, Art. Polizeistrafrecht V.R.W. 2, 273; [Frank, Studien zum
Polizeistrafrecht; weitere Literatur bei Frank, Kommentar. Abschnitt 29: Über-
tretungen. 8. 568; Otto Mayer I, $ 22: Die Polizeistrafe; Thoma, Polizei-
befehl 1, 82.] .
? [Über den Begriff des Polizeistrafgesetzes vgl. Thoma, Polizeibefchl
1, 54",
8 l. dazu Otto Mayer 1, 319; Frank, Komment. Vorbemerkungen
zum 29. Äbschnitt: Übertretungen S. 569.]
® Der Unterschied wird in der bisherigen Literatur entweder so gefaßt,
daß man den Begriff des kriminellen Unrechtes auf die Handlungen beschränkt,
welche eine Rechtsverletzung enthalten (Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen
in Deutschland gültigen peinlichen Rechtes. $ 432; L. v.Stein, Verwaltungs-
lebre. 4, 36 ff.), oder auf diejenigen, welche entweder ein Recht oder die Sıtt-
lichkeit verletzen (C. G. v. Wäic ıter, königlich sächsisches und thüringisches
Strafrecht, S. 296#.; deutsches Strafrecht, Vorlesungen herausgegeben von
O.v. Wächter, S. 118 ff, 516; Hälschner, preuß. Strafrecht 2, 13 ff.; deutsches
Strafrecht, 1, 34 ff), während die Polizeivergehen Handlungen sein sollen, die
eine bloße Gefahr enthalten. Oder man bezeichnet als Kriminalunrecht die
Handlungen, welche die notwendigen Grundlagen, als Polizeiunrecht die-
jenigen, weiche die mehr zweckmäßigen Einrichtungen des Gemeinwesens
verletzen (Meyer, Lehrbuch des deutschen Strafrechtes. 8 22), Oder die
Polizeivergehen werden den die Integrität der Rechtsgüter angreifenden (ver-
letzenden oder gefährdenden) Handlungen gegenüber als bloße Ungehorsams-
delikte charakterisiert (Merkel, kriminalistische Abhandlungen. 1, 95 ff.;
Rosin, V.R.W. 2, 275). Binding, Die Normen und ihre Übertretung. 2. Aufl.
1, 312 #. uuterscheidet zwar ebenfalls Verletzungsdelikte, Gefährdungsdelikte
und einfache Ungehorsamsdelikte, will aber die Bezeichnungen „Verbrechen“
und „Polizeiunrecht“ auf diese Unterscheidung nicht angewendet wissen (a. a.
0. 8.409). Gegen einen prinzipiellen Unterschied zwischen Polizei- und Kriminal-