8 Die Gemeinde.
Der Magistrat ist die Obrigkeit der Stadt und verwaltet ihre Angelegen—
529 heiten. Er besteht aus einem oder zwei Bürgermeistern und einer Anzahl von
Stadträten (Beigeordnete), die in größeren Orten teilweise besoldet, im übrigen
Ehrenbeamte sind. Ihre Wahl erfolgt durch die Stadtverordneten.
Die Zahl der Stadtverordneten (Bürgervorsteher, Gemeindebevollmäch-
tigte, in Baden und Württemberg Bürgerausschuß) steigt mit der Einwohnerzahl
und muß in Preußen mindestens 12 betragen. Ihr Amt ist ehrenamtlich (un-
besoldet), die Wahl erfolgt durch die Gemeindebürger, in den außerpreußischen
Staaten meist nach dem gleichen Wahlrecht Jedoch herrscht hierin große Mannig-
faltigkeit, teilweise sogar innerhalb desselben Staates (Sachsen). In Preußen
werden die Stadtverordneten nach dem Dreiklassenwahlsystem (s. S. 15), wobei
jede Klasse ein Drittel der Mitglieder bestimmt, gewählt. Die Hälfte der Mit-
glieder muß hier und in einigen anderen Staaten (z. B. Sachsen) aus Haus-
besitzern bestehen.
Bei den Landgemeinden übt der Gemeindevorsteher (Schulze, Bürger-
meister) die Befugnisse des Magistrats aus, an die Stelle der Gemeindevertretung
tritt in Preußen und einigen anderen Staaten bei kleineren Orten die Ge-
meindeversammlung.
3. Aufgaben der Gemeinden.!) Der Wirkungskreis der Gemeinde inner-
halb ihrer örtlichen Grenzen ist ein dreifacher: 1. Sie regelt ihre Einnahmen
und Ausgaben (Finanzen) und ihre Verwaltung (Kirche und Schule, Beamten-
Euztänaig. anstellung, Unterhaltung der Straßen usw.) und erläßt die dazu nötigen Rechts-
vom sag ordnungen (Statuten), die zum großen Teil von der vorgesetzten Behörde (Be-
158. 5 7 zirksausschuß) zu genehmigen sind. Die Gemeinde ist zur Erfüllung der vor-
stehenden Aufgaben verpflichtet. 2. Daneben kann sie freiwillig ihre Tätigkeit
erweitern, z. B. durch Errichtung und Betrieb von Gasanstalten, Elektrizitäts-
werken, Schlachthöfen, Badeanstalten, Sparkassen usw. 3. Endlich hat sie eine
Reihe von Aufgaben im Auftrage des Staates zu erfüllen; hierher gehören die
Verwaltung der Ortspolizei, des Armenwesens, der Standesregister, die Ver-
anlagung und Eintreibung der Staatssteuern usw.
4. Das Gemeindefinanzwesen. Wer ein kaufmännisches Geschäft eröffnen
will, gebraucht neben den nötigen Kenntnissen (vgl. Gr. A. S. 2, Kl. A. S. 4)
vor allen Dingen ein hinreichendes Betriebskapital. Der Endzweck seiner Tätig-
keit ist darauf gerichtet, sein Vermögen zu vermehren, d. h. mehr Einnahmen zu
erzielen als er Ausgaben benötigt. Durch die jährlich aufzustellende Bilanz zeigt
sich ihm der Erfolg seiner Bemühungen; dagegen ist es für ihn fast immer un-
möglich, im voraus auch nur annähernd die Höhe der jährlichen Ausgaben und
Einnahmen zu berechnen. Anders liegen die Verhältnisse bei den öffentlichen
Körperschaften. Sie besitzen zwar auch ein gewisses Vermögen, jedoch ist ihre
Tätigkeit nicht auf eine Vermehrung desselben gerichtet. Sie können daher im
voraus übersehen, wieviel Unkosten zur Erfüllung der Aufgaben nötig sein
werden, und die auch von ihnen jährlich aufzustellende Bilanz stimmt in der
Regel mit dem Voranschlag überein.
Kommunall. Zur Erfüllung der Gemeindeaufgaben sind große Ausgaben erforderlich,
——m*“* die von den Gemeindeangehörigen aufzubringen sind. Alljährlich wird ein
14.Juli1s03. .
§1 1) Ihre Behandlung erfolgt am zweckmäßigsten an Hand eines Haushaltsplans
des Heimatsortes.
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831.
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