Full text: Der Friedensvertrag nach der Reichsverfassung

A. Einleitung. 
Staatsrerhtlihe Bewertung der Nriegszielerflärung des Reidstags. 
Seit den Friedendangebot des Deutihen Kaijers vom 12. Dezember 
1916, den jid} die verbündeten Herricyer angeichlojfen hatten, und ber 
ichhnöden Burüdweijung der zur Berlöhnung der Rölfer gereichten Hand 
bildete jowohl in den Barlamenten wie in der Krejie der jid) befchdenden 
Völker die Zrage nach den Ariegszielen den Gegenjtand fchhafter Grörte- 
rungen. Der Vierverbaud konnte und wollte rtidır veritchen, daß das Mort 
der Ihronrede vom 4. Yugujt 1914: „Uns treibt nicht Erobernngsiucht“ als 
ein faijerliches Wort unabänvderlich ijt. Die zgeinbe jehen unjere Erfolge 
und können an eine Verjftändigung nicht glauben, weil fie telbjt von der 
Croberungsjucht getrieben jind. Umiere Erklärungen wurden hürgettellt als 
ein „Machwerk der preugiichen Militärkajte‘, „des katterlihen Abiolutige 
nıu3’‘ uf. So hielt e$ der Neihstag am 19. Kult 1917 für geboten, die 
Uebereinjtimmung des Willens der Volksvertretintg mit dem Negierungss 
willen ta einer Nricgszielerflärung unyverdeutig au NAusdrud zu brutgen. 
Bon Micdergabe des nhalts dieier Erflarung und ihrer Beurteihintg mad) 
dem Gejichtspuntre dev Zwedmäßigleit kann hier cbenio abgetchen werden 
vie von einer Erörterung der int Zianunenbange damit erhobenen ‚yorz 
derung einer Parlamentariiisrung der Neic'sregierung. Wir erfatten im 
Rahmen der vorliegenden Arbeit nur die Srage, ob in der Nricgszielertlärung 
geroijjermaßen ein Präjudiz für die Vereiligung des Neicdhstags am fünf- 
tigen Kriedensichluite enthalten it. 
Zunäcit it zu prüfen, ob derartige Nundgebungen zur Yuftändigfeit 
des Heichstags überhaupt gehören. Bei der in den meiiten Lehrbüchern 
de3 Staarstechts vorgenommenen Wierteilung jeiner Bejugnifie: Mitwirs 
fung bei der Gejepgebung einjchl. reitiegung dis Grats, Genehmigung in 
den vun ejeg angeordneten Fällen, Necht der Nenntnisnahme von den 
Regierungsaften md endlid, Hecht der Ueberweiiung (Retitionen, Ynter- 
peflationen und Mdrejje) — dürfte eine Unterbringung diefed in Antpruc 
genommenen Nundgebungsrecdtes auf den erjten Vilid schwer fallen. Allein 
abgeiehen davon, daß eine Aufzählung der Necdte des Weichstags ein 
Ihiefes Bild jeiner jtaatsrechtlichen md politiihen Z:ellung gibt, feine 
Zuftändigfeit jich vielmehr fachlich mit der Zujtändigleit be3 eich über- 
haupt dedt,!) jo fann man jdjon folgern, wie nacdjftehend: Wie der Reichs- 
tag Synterpellationen an die Neichsregierung richten Tann, jo mu& man 
ihm audı die Fähigkeit zugejtchen, der Negierung gegenüber einen lan 
teftzuftellen, nad) dem er jeine in der Zukunft zu fajienden Beichlüfje ge- 
ftalten will. Solche Heußerungen üben, da jie Die Regierung nicht binden, 
feine rechtfidhen Wirkungen aus und fallen daher juriftijdy nicht unter 
1. gl. Labandb Br. IT S. 299
	        
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