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säure erst durch eine zeitlich langsame Hydrolyse während der Verarbeitung des
Extraktes entstehe.
Es bleibt demnach die Ursache für das Vorkommen der Bernsteinsäure im
.Fleischextrakt fraglich. Daß wirklich faules Fleisch zur Extrakterzeugung im großen
verwendet werde, scheint von vornherein bei dem hohen Stande dieser Industrie
nicht sehr glaublich. Auch wäre dieser Ursprung mit den sonstigen Eigenschaften
des Extraktes schwer zu vereinigen.
Insbesondere wichtig ist hier das Vorkommen von Glykogen. Daß dieses
im Fleischextrakt gefunden wird, hat zuerst Kemmerich!) angegeben und diesen
Befund zur Prüfung der Güte des Extraktes heranzuziehen vorgeschlagen.
Daß sich in dem Liebigschen Fleischextrakte, der zu den vorstehenden Versuchen
über den Gehalt an Bernsteinsäure benützt wurde, Glykogen findet, wurde durch
folgenden Versuch bestätigt: 50 g dieses Fleischextraktes, welches aus derselben
Büchse wie die zum Bernsteinsäureversuch verwandte Substanz entnommen war, wurden
mit 50 cem 60 °/siger Kalilauge versetzt und nach Pflügers?) Verfahren weiter ver-
arbeite. Es wurden erhalten 0,3366 g Glykogen’°), das durch die Jodreaktion leicht
zu identifizieren war.
Außerdem kann man neuerliche Angaben Siegfrieds‘) in dem in Frage stehenden
Sinne verwerten. Es finden sich nämlich rund 10°/, des gesamten Phosphors des
Fleischextraktes in organischer Bindung. Von diesem organisch gebundenen Phosphor
aber stellt Siegfried fest, daß er durch Bakterienwirkung rasch verschwindet. Es
dürfte sich also gar kein organisch gebundener Phoshor im Fleischextrakt vorfinden,
wenn schon von vornherein Bakterien eingewirkt hätten.
Wenn es nun nach alledem nicht wahrscheinlich ist, daß die Bernsteinsäure
durch Bakterienwirkung entstehe, so deutet sie trotzdem auf eine teilweise tiefgreifende
Zersetzung der löslichen Eiweißkörper des Muskels bei der Bereitung des Extraktes
hin, die schwer erklärlich wäre, wenn, wie man augenblicklich anzunehmen scheint?)
— genaues darüber weiß man nicht — das Extrakt nur mit etwa 80° heißem Wasser
hergestellt würde und auch beim Eindicken des Extraktes höhere Temperaturen
vermieden würden. Dies aber dürfte selbst bei Verdampfung in Vakuumapparaten
Schwierigkeiten bereiten. Wird dagegen das Fleisch mit Wasser in Druckkesseln,
also bei über 100°, extrahiert und wird beim Eindicken die Temperatur von 100°
beträchtlich überschritten, dann sind allerdings bedeutende hydrolytische Wirkungen
auf Eiweiß möglich, welche zur Abtrennung von Aminosäuren führen könnten.
Wir finden uns in diesem Zusammenhang nach zwei Richtungen zu Unter-
suchungen angeregt. Wenn nämlich Asparaginsäure entsteht, so müssen wohl auch
andere Aminosäuren im Fleischextrakt vorhanden sein. Der Verdacht, daß dem tat-
!) Zeitschr. physiol. Chemie 18, S. 409 (1894).
”) Pflügers Archiv, 98, S. 163 (1903).
®, Das Präparat wurde darauf durch Inversion und Zuckerbestimmung analysiert. Ergebnis:
0,336 g Glykogen.
*) Siegfried und Singewald, Zeitschr. Unters. Nahrungs- und Genußm. 10, S. 521 (1905).
®) König und Bömer, Zeitschr. analyt. Chemie 84, S. 548 (1895).