94 Zweiter Teil. Die Verfassung Elsaß-Lothringens und die Behördenorganisation. 8 28
öffentlicher Gewalt darstellt und eine Gemeinde mit über 25 000 Einwohnern bzw.
ine ihr in diesem Punkte gleichgestellte Gemeinde in Frage kommt.
Für den Schaden, den ein Beamter des Staates, eines Bezirks, einer Gemeinde
oder einer anderen öffentlichen Anstalt in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen
Gewalt einem Dritten gegenüber zufügt, haftet nach § 40 A.G. B. G. B. der Staat,
der Bezirk, die Gemeinde, in deren Dienst der Beamte steht, in gleicher Weise wie der
Beamte, soweit der Ersatz von diesem nicht zu erlangen ist. Der Staat, der Bezirk,
die Gemeinden und die öffentlichen Anstalten haben dabei die Stellung eines Bürgen 12.
IV. Die disziplinarischen Folgen.
Dieselben ergeben sich nicht aus der öffentlichen Strafgewalt des Staates, sondern
aus der Dienstherrlichkeit desselben. Ist sowohl ein Disziplinar= wie ein Strafverfahren
notwendig, so wird aus Zweckmäßigkeitsgründen zunächst das Strafverfahren erledigt
8 7.W. “ Die Dissziplinarstrafen bestehen in Ordnungsstrafen und Entfernung aus
em Amt!s.
1. Die Ordnungsstrafen sind: Warnung, Verweis,1“4, Geldstrafe. Der Höchstbetrag
der Geldstrafe besteht bei besoldeten Beamten in dem einmonatlichen Diensteinkommen,
bei unbesoldeten Beamten in einem Betrage bis zu 90 Mk. Die Geldstrafe kann mit
dem Verweis verbunden werden.
2. Die Entfernung aus dem Amt (8§• 75 B. G.) ist entweder Strafversetzung
oder Dienstentlassung. Die Strafversetzung geschieht durch Übertragung eines anderen
Amts von gleichem Rang, aber unter Verminderung des Diensteinkommens um höchstens
ein Fünftel. Statt dessen kann auch unter Versetzung des Beamten in ein Amt mit
gleichem Diensteinkommen ein Abzug vom Gehalt bewirkt werden, welcher ein Drittel
des Jahresdiensteinkommens nicht übersteigt. Die konkrete Strafversetzung erfolgt nicht
durch die Disziplinar-, sondern durch die Anstellungsbehörde, in letzter Linie durch das
Ministerium 15.
Die Dienstentlassung zieht den Verlust des Titels und des Pensionsanspruchs
nach sich. Hat das Dienstverhältnis vor Beendigung des Disziplinarverfahrens bereits
aufgehört, so wird statt auf Dienstentlassung auf Verlust von Titel und Pensionsanspruch
erkannt, falls nicht der Beamte freiwillig darauf verzichtet 1é.
Hat das Dienstverhältnis sein Ende erreicht, so muß die Einstellung des Disziplinar=
verfahrens erfolgen 17.
13 Vgl. Molitor-Stieve S. 109 f. Auch der Reichsfiskus unterliegt in E.-L. der durch
§l 40 A.G. B.G.B. dem Staate auferlegten subsidiären Haftung für einen von seinen Beamten in
Ausübung der ihnen anvertrauten öffentlichen Gewalt einem Dritten zugefügten Schaden (vgl. bzgl.
des Reichsmilitärfiskus O. L. G. Colmar v. 22. Mai 1903 Jur. Z. 1904 S. 321). Denn die gEens
eines Beamten für den von ihm in mißbräuchlicher Ausübung öffentlicher Gewalt zugefügten Schaden
und die Verantwortlichkeit des Staates für eine derartige schenizerde Handlung seiner Beamten ist
nach dem Rechte desjenigen Staates zu beurteilen, in dem der Schadensersotzanspruch des Verletzten
entstand. (Art. 77 k6 B. G. B. betrifft nicht bloß eine dem Einzelstaat, sondern auch eine dem
heich für seine Beamten obliegende Haftung.) Vgl. auch O.L.G. Colmar v. 10. Dez. 1907, Elf.-I.
12 § 73 B.G., §§ 2, 3 des Ges. über die Disziplin der Richter. Befülich der Gerichts-
assessoren, die nicht Hilfsrichter bei einem Landgericht sind, kommt noch die zeitige Dienstenthebung
in ot Ver. v. 7. April 1899 § 10. Nach § 11 zit. sind Geldstrafen gegen Gerichtzassessoren
unzulässig.
1 Warnung und Verweis sind wohl zu unterscheiden von formlosen Rügen und Zurecht-
weisungen des Borgesehten.
15 § 75 Z. 1 B.G., § 1D u. #Ver. v. 22. Dez. 1891. Bezüglich der Richter ist nur
die Versetzung in ein anderes Amt von gleichem Range und daneben Verfangung einer Geldstrafe in
der im Kontext beschriebenen Höhe möglich. § 4 des Ges., betr. die Disz. d. Richter. Universitäts-
professoren können nicht strafversetzt werden.
16 Ugl. ferner & 72 Z3. 2, 119 B.G. u. § 4 d. Ges., betr. die Disz. d. R. — Der Anspruch
auf Gehalt hört auf mit dem Augenblick der Rechtskraft des auf Dienstentlassung erkennenden
Disziplinarurteils. Die Zurückforderung des im Voraus zuweilen bezahlten Gehalts erfolgt nach
den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung. O. L.G. Colmar v. 24. April 1906 Jur. 3
1907 (32) S. 260.
1½ Diese Wirkung kann der Beamte herbeiführen, wenn er seine Entlassung unter Verzicht
auf Titel, Gehalt und Pensionsanspruch nachsucht, und wenn ferner seine Amtsgeschäfte erledigt,
insb. über die Verwaltung von fiskalischem Vermögen Rechenschaft gelegt ist.