Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

102 Zweiter Teil. Die Verfassung Elsaß-Lothringens und die Behördenorganisation. 8 26 
scheiden unter Verlust aller durch das Beamtenverhältnis begründeten Rechte und ferner 
sein Ausscheiden unter Beibehaltung der Ehrenrechte und gewisser vermögensrechtlicher 
Ansprüche. 
I. Ohne Anspruch auf Pension und Titel wird das Dienstverhältnis 
beendigt: 
1. auf Antrag des Beamten, welcher seine Entlassung verlangt; dieselbe 
darf nicht verweigert werden 2. Bis zur Genehmigung des Entlassungsgesuchs hat der 
Beamte noch seine Dienstgeschäfte zu erledigen. 
2. Demgegenüber hat der Staat nicht das Recht der einseitigen Lösung des 
Dienstverhältnisses, weil dasselbe den Lebensberuf des Beamten ausmacht. Eine Aus- 
nahme von diesem Grundsatz besteht nur bezüglich derjenigen Beamten, die auf Kündigung 
und Widerruf angestellt sindä§ Die Wirksamkeit der Kündigung oder des Widerrufs 
ist weder durch schriftliche Form noch durch eine Begründung bedingt. 
3. Das Dienstverhältnis hört kraft Gesetzes auf, wenn der Beamte durch 
ein rechtskräftiges richterliches Erkenntnis zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden 
ist (St.G. B. § 31), wenn ihm die bürgerlichen Ehrenrechte oder die Fähigkeit zur 
Bekleidung öffentlicher Amter aberkannt worden ist“, oder wenn auf den Verlust der 
von dem Beamten zur Zeit der Verurteilung bekleideten öffentlichen Amter erkannt 
wird?; 
4. durch Entlassung nach vorausgegangenem Dissziplinarverfahren. 
II. Unter Bewilligung von Pension und Titel hört das Dienst- 
verhältnis auf: 
1. auf Antrag des Beamten: 
a) wenn er nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren entweder infolge 
eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen 
Kräfte zu der Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig wird (§ 84 B.G.) oder 
b) das 65. Lebensjahr vollendet hat (§ 34 a), oder 
c) wenn er vor Ablauf einer zehnjährigen Dienstzeit durch Krankheit, Verwundung 
oder sonstige Beschädigung, welche er sich bei Ausübung seines Dienstes oder aus Ver- 
anlassung desselben ohne eigenes Verschulden zugezogen hat (§ 36), dienstunfähig wird 6. 
Den Nachweis der infolge des Dienstes eingetretenen Dienstunfähigkeit muß der 
Beamte erbringen (8 36 B. G.); 
d) auch ohne eingetretene Dienstunfähigkeit können der Staatssekretär und die 
Unterstaatssekretäre ihre Dienstentlassung verlangen. Die Pensionsberechtigung hat aber 
uur Voraussetzung. daß sie mindestens zwei Jahre das betreffende Amt bekleidet haben 
(§ 35 B. G.)7. 
2 Es beruht dies auf einer Art gemeinrechtlichen Gewohnheitsrechts. Laband a. a. O. — 
Auf diese Art der Beendigung des Beamtenverhältnisses find irgendwelche Grundsätze des bürger- 
lichen Rechts nicht anwendbar. R.G. v. 14. Okt. 1910; „Recht“ 1910 S. 851. 
# O.L.G. Colmar v. 25. Okt. 1899, Jur.Z. 1900 (25) S. 159. Ein auf Widerruf oder 
Kündigung angestellter Beamter kann jederzeit ohne Disziplinarverfahren und ohne Grund — auch 
ohne Angabe eines Grundes — entlassen werden. Mit der Entlassung verliert er seinen Anspruch 
auf Gehalt. einen Anspruch auf Pension besitzt er überhaupt nicht. 
Solche Rechtsverhältnisse bestehen z. B. bezüglich der Polizeikommissare. Der allgemeine 
Grundsatz des französischen Rechts, daß Verwaltungsbeamte auf freien Widerruf angestellt werden, 
und an dem auch nach der Einverleibung Elsaß-Lothringens zunächst nichts geändert worden ist, 
gilt auch für sie. Durch den Erlaß des Oberpräsidenten v. 238. Jan. 1872 ist diese Rechtslage 
ausdrücklich klargestellt worden. Durch die Einführung des B.G. in E.-L. wurden die Polizei- 
kommissare nicht u lebenslänglich angestellten Beamten. § 2 B.G.; O.L.G. Colmar v. 20. Dez. 
1907, Jur. Z. 1908 (33) S. 621. 
4 Str. G. B. §8 33, 35, 36, 358. 
* Str. G. B. 85 81, 83, 84, 87—91, 94, 95. 
# 5Tritt die Dienstunfähigkeit aus einem anderen Grunde vor Vollendung des zehnten Dienst- 
lahres ein, 4 kann dem Beamten bei vorhandener Bedürftigkeit eine Pension zugebilligt werden. 
1 Ges. v. 4. Juli 1879. 
über die Pension der Gendarmerieoffiziere vgl. Etatgesetz v. 28. März 1908 (G. Bl. S. 11).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.