8 27 Die nicht unter das Reichsbeamtengesetz fallenden Beamtenkategorien. 107
gelten; es gehören vielmehr hierher nur die ihm gesetzlich übertragenen Amtsgeschäfte 7,
nicht dagegen solche Geschäfte, die auch jede andere Person (z. B. ein Inkassobureau)
vornehmen könnte. Was nun die Frage betrifft, ob der im Auftrage eines Gläubigers
gegen einen Schuldner die Zwangsvollstreckung betreibende Gerichtsvollzieher sowohl
dem Schuldner wie auch dem Gläubiger gegenüber, dem er den Erlös der Zwangs-
vollstreckung abzuliefern hat, als amtliches Organ anzusehen ist, so ist sie vom
Reichsgericht 55 mit der Begründung bejaht worden, daß die Tätigkeit des Gerichts-
vollziehers in einem solchen Falle als eine einheitliche anzusehen ist; gleichwohl tritt
eine Haftung des Staates in diesem Falle nicht ein, weil es sich nicht um eine vom
Gericht übertragene Verrichtung handelt (§ 40 II A.B. G. B..
2. Die Amtspflichten des Gerichtsvollziehers 3“ entsprechen im allgemeinen den
für die Beamten des Beamtengesetzes geltenden Bestimmungen; es kommen also in
Betracht: achtungswürdiges Verhalten, Amtsverschwiegenheit und die Verpflichtung,
die Amtshandlungen im Rahmen der Gesetze zu vollziehen. Innerhalb seiner ört-
lichen und sachlichen Zuständigkeit darf der Gerichtsvollzieher einen Auftrag nur dann
ablehnen, wenn er kraft Gesetzes von der Ausübung des Amtes ausgeschlossen ist 3°.
Die Beschränkungen, mit denen die Ubernahme des Amtes als Gerichts-
vollzieher verbunden ist, beziehen sich auf die Übernahme von Nebenämtern und Neben-
beschäftigungen und auf die Teilnahme an Handelsunternehmungen 6.
3. Im Falle von Pflichtverletzungen kommen, falls dieselben nicht krimineller
Art sind, Disziplinarstrafen zur Anwendung, die in Warnung, Verweis, Geld-
strafen bis zu 100 Mk. und Entfernung aus dem Amte bestehen können 7.
Die Dienstaufsicht über den Gerichtsvollzieher führen die Amtsrichter, der Land-
gerichtspräsident und der Erste Staatsanwalt, der Oberlandesgerichtspräsident, der
Oberstaatsanwalt und das Ministerium 38.
Die Einnahmen des Gerichtsvollziehers bemessen sich nach den Gebührensätzen
des Gerichtskostengesetzes (§ 133 f.).
Durch das Gesetz vom 21. Juni 1897 (G.Bl. S. 72) Art. II ist für die Ge-
richtsvollzieher und deren Hinterbliebene eine Pensionskasse erzichtet worden, zu
welcher die Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherkandidaten Beiträge zu leisten
haben 8.
38 Z. B. Pfändungen, Anlegung von Siegeln im Konkursverfahren, Abhaltung öffentlicher
Versteigerungen, Zustellungen, Aufnahme von Wechsel- und Scheckprotesten.
38 Vgl. R.G. v. 29. Okt. 1903, Jur.Z. 29 S. 433. VBgl. auch O. L. G. Colmar v. 24. Jan.
1903, Jur.3. 1903 (28) S. 222: „Im Zwangsvollstreckungsverfahren ist der Gerichtsvollzieher dem
Schuldner gegenüber lediglich ein mit der Ausübung staatlichen Zwangsrechts betrauter Beamter.
Derselbe ist dies aber auch gegenüber dem Gläubiger, neben dem durch den mit diesem abgeschlossenen
Vertrag (Dienst-, Miet oder Werkvertrag) begründeten Vertragsverhältnis. In seiner Eigenschaft als
mit öffentlicher Gewalt betrauter Beamter treibt er für den Gläubiger dessen Forderung ein und
vereinnahmt die demselben geschuldeten Gelder; dieselben gehören, obwohl im Vesibe des Gerichts-
vollziehers, sefort dem Gläubiger und sind für ersteren ermd bewegliche Sachen. Verwendet der
Gerichtsvollzieher unbefugt solches Geld für sich, so macht er sich einer Unterschlagung und gleich-
zeitig einer Verletzung seiner Pflicht als Beamter mit öffentlicher Gewalt schuldig. Für den durch
die Unterschlagung dem Gläubiger entstandenen Schaden haftet nach § 40 A.G. B.G.B. der Staat.
Nach der Justiznovelle von 1905 ist die Haftbarkeit des Staates engeschräntt auf solche Fälle,
wo dem Gerichtsvollzieher die Verrichtung durch das Gericht (nicht durch die Partei) übertragen
worden ist (§ 40 Abs. 2 A.G. B. G. B.). Über die dem Gerichtsvollzieher durch das Gericht über-
agenen Verrichtungen (hauptsächlich auf dem Gebiete des F.G.G. und A.G. dazu) vgl. Molitor-=
ieve S.
34 Ges. v. 20. April 1902 (G. Bl. S. 35) § 3; Gerichtsvollz. O. 5 16, 21, 22, Betr. Urlaubs
vgl. §§ 1, 3, 47 Kais. Ver. v. 26. April 1875: Peruche, Der Gerich svollzieher, 1891.
36 G. V. G. § 156; A.G. G.B.G. § 31; Geböhr.O. f. G.V. § 18. Z
36 Mit jederzeit widerruflicher Genehmigung können vom Ministerium derartige Neben-
beschäftigungen usw. gestattet werden. § 13. Z„ ç
37 Val. §#§ 4 f. v. 20. April 1902 (G. Bl. S. 85). Auf das Verfahren finden mit gewissen
Modifikationen die entsprechenden Vorschriften des Beamtengesetzes (6§ 77—79) Anwendung. 98 7
Abs. 2, 8 des Ges. v. 20. April 1902. Über das Einzelne vgl. Bruck 1 S. 226 f.
os 51 nt v. 20. April 1902.
· « PFL in.V.-tf.v.27.Mai1902(Smlg.1902S.185).DaöStatutderPensionskasse
ist v. 29. Mai 1902 (A. Bl. S. 175).