116 Zweiter Teil. Die Verfassung Elsaß-Lothringens und die Behördenorganisation. 8 30
Die Ermittlung des Wahlergebnisses für den Wahlkreis erfolgt durch den vom
Bezirkspräsidenten zu ernennenden Wahlkommissar am zweiten Tage nach der Wahl
auf dem Bürgermeisteramt des Wahlhauptortes (Wahlordn. 88 20—23)22. Der Wahl-
kommissar läßt unter Zuziehung eines Schriftführers ein Verhandlungsprotokoll auf-
nehmen und verkündet das Ergebnis in einem der zu amtlichen Bekanntmachungen
dienenden Blätter.
Gewählt ist, wer im Wahlkreis die meisten Stimmen und zugleich mehr als die
Hälfte der abgegebenen gültigen? Stimmen erhalten hat (§ 10 1). Soweit sich keine
solche Stimmenmehrheit ergibt, findet am siebenten Tage nach der Hauptwahl eine
Nachwahl statt. Gewählt ist bei der Nachwahl, wer die meisten gültigen Stimmen
erhalten hat. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los (§ 10 II). Bei der Haupt-
wahl ist also entscheidend der Grundsatz der absoluten, bei der Nachwahl derjenige der
relativen Majorität?“.
Der im Besitz der absoluten Majorität besindliche Wahlkandidat wird durch den
Wahlkommissar als gewählt erklärt (W.O. § 24); er wird von diesem durch Brief
mit Postzustellungsurkunde von der Wahl benachrichtigt und zur Erklärung über die
Annahme der Wahl aufgefordert (§ 26 1 W.O.)25.
Wird die Wahl abgelehnt oder für ungültig erklärt oder scheidet ein Mitglied
während der Wahlperiode aus, so findet sofort eine Ersatzwahl statt. Bei einer
Ersatzwahl, die innerhalb eines Jahres nach einer Wahl stattfindet, für welche die
Wählerliste neu aufgestellt war, bedarf es einer neuen Aufstellung der Wählerliste nicht
(§ 11 W. G.)2.
Die Kosten der Wahlen werden in analoger Weise wie bei den Reichstagswahlen
in der Weise verteilt, daß der Aufwand für die Anfertigung der Wählerlisten und
Ausweiskarten und die Bereitstellung und Ausrüstung des Wahlraumes von den Ge-
meinden, alle übrigen Kosten von der Staatskasse zu tragen sind (§ 12).
III. Die Mitgliedschaft zur Zweiten Kammer erlischt:
a) mit dem Ablauf der fünfjährigen Legislaturperiode; b) mit der Auflösung
des Landtags während der Legislaturperiode; c) mit dem Ausscheiden eines Mitgliedes
durch Tod oder freiwilligen Entschluß. Die Mandatsniederlegung erfordert aber eine
ausdrückliche Erklärung. d) Als besonderer Fall stellt sich derjenige Endigungsgrund
dar, der im § 10 W. G. erwähnt ist. Wenn nämlich ein Mitglied der zweiten
Kammer ein besoldetes Reichs= oder Staatsamt annimmt, oder im Reichs= oder Staats-
dienst in ein Amt eintritt, mit dem ein höherer Rang oder ein höheres Gehalt ver-
bunden ist, so verliert es Sitz und Stimme und kann beides nur durch eine neue Wahl
wiedererlangen ?7. Die Entscheidung der Frage, ob eine Amtsübernahme oder eine
8 Die Wahlhauptorte find in 5 21 W.O. näher bezeichnet.
8 Ungültig sind Stimmzettel, die a) nicht in einem amtlich gestempelten Umschlag, b) welche
in einem mit einem Kennzeichen versehenen Umschlag übergeben worden sind, c) welche nicht von
weißem Papier oder welche mit einem äußeren Kennzeichen versehen sind, d) welche keinen oder keinen
lesbaren Namen enthalten, e) aus welchen die Person des Gewählten nicht unzweifelhaft zu erkennen
ist, f) welche auf eine nicht wählbare Person lauten, g8) welche eine Verwahrung oder einen Vor-
behalt gegenüber dem Gewählten oder eine Verwahrung enthalten. Mehrere in einem Unschla
zitsatene gleichlautende Stimmzettel gelten als eine Stimme; in einem Umschlag enthaltene, an
verschiedene Personen lautende Stimmzettel sind ungültig (§ 16 Wahl-O.).
ber die Gültigkeit oder Ungültigkeit eines Stimmzettels befindet der Wahlvorstand nach
Ftimmenehthe Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Wahlvorstehers den Ausschlag
( ahl-O.).
24 Damit ist das auch für die Reichstagswahlen maßgebliche System der Stichwahl ange-
nommen. Die bei Stimmengleichheit in der Nachwahl erforderliche Losziehung erfolgt durch den
Wahlkommissar (5 25 III Wahl-O.).
556 Eine Annahme unter Bedingungen, Einschränkungen usw. gilt als Ablehnung. W.O. 8 26 II.
26 Vgl. § 27 W.O. Die Ersatzwahl wird vom Ministerium angeordnet und ist in der Regel
innerhalb eines Vierteljahres seit Erledigung des Sitzes vorzunehmen. Z
27 An sich steht die Beamtenqualität dem Eintritt in den Landtag nicht entgegen. Die Kosten
der Stellvertretung hat die Staatskasse zu tragen. Der Beamtenbegriff ist hier sehr weit zu nehmen,
es gehören auch Bezirks-, Gemeindebeamte und Lehrer, ferner Notare, Kreis= und Kantonalärzte,
dagegen nicht Geistliche hierher. Es muß sich um ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis, nicht