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ein einheitliches Gemeindegebiet; die Bewohner der hinzugekommenen Gemeinde sind
den Hoheitsrechten der Hauptgemeinde, insbesondere den für diese erlassenen Polizei-
verordnungen ohne weiteres unterworfen 1, dagegen werden die für das Zugangsgebiet
erlassenen Polizeiverordnungen nur insoweit ohne weiteres aufgehoben, als sie mit den-
jenigen der erwerbenden Gemeinde im Widerspruch stehen.
4. Nach feststehender Praxis werden die Namen der Gemeinden durch den Akt
festgesetzt, der ihre Bildung verfügt, also durch landesherrliche Verordnung; eine solche
ist auch erforderlich zur Anderung des Namens einer Gemeinde 5 und ferner zur Be-
zeichnung des Hauptortes, wenn die Gemeinde in getrennte Ortschaften zerfällt 6.
III. Persönliche Zugehörigkeit zur Gemeinde. Gemeindebürger sind
alle Reichsangehörigen, die im Gemeindegebiet ihren Wohnsitz haben, und zwar ohne
daß es einer ausdrücklichen Eintrittserklärung bedürfte. Die Gemeindeangehörigkeit
kann also nicht von dem Erwerb der elsaß-lothringischen Landesangehörigkeit abhängig
gemacht werden. Auch eine formelle Entlassung aus dem Gemeindeverband ist nicht
erforderlich; mit der Aufgabe des Wohnsitzes in der Gemeinde hört das Gemeinde-
bürgerrecht auf. Das Gemeindebürgerrecht besteht in dem Recht, Niederlassung in
dem Gemeindegebiet zu nehmen, Grundeigentum zu erwerben, ein Gewerbe zu treiben.
Die Gemeindeangehörigkeit verleiht nicht ohne weiteres das Recht, an den Gemeinde-
nutzungen teilzunehmen; dieses Recht ist unter Umständen noch an weitere Voraus-
setzungen geknüpft. Auch die Ausübung der politischen Rechte (Wahlrecht) ist von
einem länger dauernden Wohnsitz abhängig.
IV. Während das frühere (französische) Recht einen Unterschied zwischen den
einzelnen Gemeinden nicht machte, hat die Gemeindeordnung von 1895 zwischen
großen und kleinen Gemeinden unterschieden. Große Gemeinden sind die-
jenigen mit 25000 und mehr Einwohnern und die ihnen gleichgestellten Gemeinden;
kleine Gemeinden sind die Gemeinden unter der erwähnten Einwohnerzahl, soweit sie
nicht den großen Gemeinden gleichgestellt sind.
1. Große Gemeinden können werden: a) die Kreishauptorte, deren Gemeinde-
rat die Annahme der für die großen Gemeinden erlassenen Bestimmungen beschließt
(§ 1 Nr. 1 Gemeindeordnung) 17; b) alle Gemeinden, denen auf Antrag ihrer Ge-
meinderäte nach Anhörung des Bezirkstags durch Kaiserliche Verorduung die Annahme
der für die großen Gemeinden erlassenen Bestimmungen gestattet wird (§ 1 Nr. 2
Gemeindeordnung). Auf dieselbe Weise können auch große Gemeinden wieder zu
kleinen gemacht werden 15.
2. Der Unterschied zwischen beiden Arten von Gemeinden besteht in den mehr
oder weniger ausgedehnten Befugnissen der Aufsichtsbehörde. Insbesondere erfolgt die
Ernennung und Entlassung der Bürgermeister und Beigeordneten in den kleinen Ge-
meinden unter anderen Voraussetzungen und Formen als in den großen (88§ 10, 11,
23 Gemeindeordnung). Weitere Unterschiede zeigen sich bei der Gemeindeverwaltung
insofern, als den kleinen Gemeinden gegenüber in finanziell wichtigeren Fragin eine
erhöhte staatliche Fürsorge Platz greift (vgl. § 76 Gemeindeordnung); ferner werden
in den erwähnten Fällen die Gemeinderäte durch den Hinzutritt der Höchstbesteuerten
verstärkt (§ 44 Gemeindeordnung) ½.
Bannzugehörigkeit allein in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Verhältnisse des Gemeinde-
bannes und der Banngrenzen keine Anwendung.
14 Dalloz, Pér. 1862. 1. 448: Bruck I S. 252. And. Ans. K. G. v. 7. April 1904;
Reger 25 S. 373 und v. 7. März 1907, ebenda 29 S. 335, ferner Pr. O. V.G. v. 3. April 1906:
Reger 29 S. 156.
16 Nicht zu verwechseln mit Namensönderungen ist die Feststellung der amtlichen Schreibweise
des Namens, die durch das Ministerium erfolgt. Leoni-Mandel S. 55 N. 4.
» 16 Auch die Annahme eines Wappens oder die Wiederannahme eines alten, seit längerer Zeit
nicht mehr geführten Wappens bedarf der kaiserlichen Genehmigung.
17 Der Beschluß bedarf zwar nicht der Genehmigung des Kreisdirektors, tritt aber erst in
Wirksamkeit, wenn dieser ihn nicht beanstandet. Ausf.Best. zu § 1.
8 Für die Kreishauptorte ist ein Beschluß des Gemeinderats ausreichend, für die übrigen
Gemeinden eine Kais. Verordnung erforderlich, die nach Anhörung der Gemeinderäte und des Bezirks-
tags ergeht. Gemeinden über 25 000 Einwohner können niemals die Rechte kleiner Gemeinden erlangen.