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Genehmigung zur Prozeßführung ist ein Akt der tutelle administrative; die Parteifähigkeit der
Gemeinde wird dadurch nicht berührt.
Vergleiche und Schiedsverträge können ebenfalls von der Gemeinde nur mit Zustimmung
des Bezirkspräfidenten abgeschlossen werden.
7. Die Zwangsvollstreckung gegen eine Gemeinde auf Grund eines vollstreckbaren Titels
ist nur zulässig, wenn es sich um einen dinglichen Anspruch auf Herausgabe einer bestimmten Sache
handelt (§ 4 A.G. C. P. O). Im übrigen muß sich der Gläubiger an die Ausfsichtsbehörde wenden
(+§ 77 Gem.O.), die für seine Befriedigung zu sorgen hat“..
8. Für die Haftung der Gemeinden aus Handlungen ihrer Beamten gilt das bürgerliche
Recht. Nach § 40 A.G. B. G. B. haftet die Gemeinde für den Schaden, den ein Gemeindebeamter in
Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt einem Dritten zufügt, in gleicher Weise wie
der Beamte, soweit der Ersatz von diesem nicht zu erlangen ist, und zwar hat die Gemeinde hierbei
die Stellung eines Bürgen“.
Nach einem besonderen, noch in Geltung gebliebenen Gesetz vom 10. vendémiare IV“ über
die innere Polizei der Gemeinden (Tit. 1 Art. 1. Tit. 4, Tit. 5 Art. 1, 6), ist die Gemeinde für
den Schaden verantwortlich, der durch Aufläufe und Zusammenrottungen an Personen oder Sachen
verursacht wird, sofern der Angriff mit offener Gewalt durch bewaffnete oder unbewaffnete Haufen
erfolgte. Die nachweielich nicht beteiligt gewesenen Personen haben ein Rückgriffsrecht gegen die
beteiligten Bewohner; die Gemeinde selbst kann sich von ihrer Haftung durch den Nachweie befreien,
daß nur gemeindefremde Personen an dem Auflauf usw. teilgenommen haben, und daß sie alles getan
hat, um die Ausschreitungen zu verhindern. Bestanden die Haufen aus den Bewohnern verschiedener
Gemeinden, so haften diese gemeinschaftlich“"“. Uber die Schadensersatzansprüche entscheiden die
ordentliche Gerichte.
§ 43. Das Finanzwesen der Gemeinden. Zwischen der Finanzwirtschaft
des Staates und der Gemeinde bestehen enge Wechselbeziehungen, die sich nicht zum
geringsten Teil darauf zurückführen lassen, daß den Gemeinden ein beträchtlicher Teil
der Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung übertragen ist, wofür der Staat Zu-
schüsse leistet . Es geschieht dies entweder in Form ständiger gesetzlicher Uber-
weisungen (Dotationen), z. B. bestimmte Anteile an Strafgeldern, an der Gebühr für
Jagdscheine, Fischer= und Angelkarten, ferner prozentuale Beteiligung an der Gewerbe-
und Wandergewerbesteuer, oder in Form freiwilliger Beihilfe an bedürftige Gemeinden.
Die notwendige Folge dieser engen Verbindung zwischen Staats= und Gemeinde-
finanzen ist ein weitgehendes Aufsichtsrecht des Staates auf dem Gebiete der Gemeinde-
finanzoverwaltung. Dasselbe äußert sich in der Statuierung gewisser Ausgaben als
Pflichtausgaben der Gemeinde, ferner in dem Verbot freiwilliger Ausgaben, soweit die
des Verfahrens erteilt, so werden dadurch die vorher stattgehabten Prozeßhandlungen gedeckt. Der
Bezirkspräsident kann nachträglich seinen Beschluß wieder ändern, ohne daß dem Prozeßgegner hier-
gegen eine Beschwerde zustände. Die Prozeßführung kann auch teilweise genehmigt werden. Leoni-
Mandel S. 79; vgl. Molitor-Stieve S. 95 N. 2.
1 Die Aufsichtsbehörde kann bei Weigerung der Gemeinde zur Zwangsetatisierung und beim
Fehlen von Mitteln entweder zur Erhebung von Zuschlägen oder zum Verkauf von beweglichem
oder unbeweglichem Gut, welches keinem öffentlichen Zwecke dient, schreiten.
* BMgl. des Näheren Molitor-Stieve S. 109f., insbes. S. 115 bezüglich der Frage, ob
der Bürgermeister als Gemeinde= oder Staatsorgan handelt; Kisch S 348 u. ders. in Rhein.
Zeitschr. Bd. 2 S. 271; Halley-Bruck, Gem.O. S. 50.
Soweit Gemeindebeamte eine Kasse, Magazin usw. verwalten, haften sie für den Schaden,
den ihre Stellvertreter oder Gehilfen anrichten. § 37 A.G. B.G.B. Vorentscheidung nach § „8 jit.
- «3AufrechterhaltendurchArt.108E.G.B.G.B.DasGefctzistzumgrößtenTctlveraltet.
EineNeuregelung,dieindemEntwurfdesUQB.G.B.§§35—38erfolgensollte,wurdevom
Landesausschuß abgelehnt. Das Gesetz gilt auch für diejenigen Gemeinden, in denen die Ortspolizei
von staatlichen Behörden ausgeübt wird.
“ Die Verteilung der aufzubringenden Summe erfolgt durch die Gemeinde auf alle zurzeit
der Zusammenrottung in der Gemeinde wohnhaften Personen nach Maßgabe der direkten Steuern.
Staatsrat v. 22. April 1858, Bull. du min. de l’Int. 1869 S. 329; Leoni-Mandel S. 79:
Molitor-Stieve S. 108.
[/§ 43] 1 So werden die Kosten des Straßen-, Schul- und Armenwesens von dem Staat, den Be-
zirken und den Gemeinden gemeinschaftlich bestritten. Andere Auslagen, obgleich sie Aufgaben der
allgemeinen Kandesverwaltang betreffen, hat die Gemeinde allein zu tragen, „weil es sich um eine
örtlich wahrzunehmende und der Gemeinde zugute kommende Betätigung des Dienstzweiges handelt"“
(CLeoni-Mandel S. 80); so z. B. die Kosten für Polizei, Beurkundung des Personenstandes, Amts-
gerichtsräume, Wahlen usw.