8 43 Das Finanzwesen der Gemeinden.
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Das Oktroi ist zu entrichten mit der Einführung der oktroipflichtigen Gegenstände in den
Oktroibezirk; abgabepflichtig ist derjenige, der die Ware tatsächlich einführt, nicht notwendig der
Eigentümer oder Empfänger derselben 7.
Die Oktroigebühren müssen für alle Personen gleich sein; jede Befreiung einzelnen Personen
oder Berufsklassen gegenüber ist unzulässig 28.
Die Anmeldepflicht bezüglich der oktroipflichtigen Gegenstände entsteht, sobald dieselben über
die Oktroigrenze gebracht werden; bei Waren, die mit der Eisenbahn anlangen, braucht die An-
meldung erst zu erfolgen, wenn fie auf dem Bahnhof angelangt sind 6. Wer Befreiung von der Oktroi-
pflicht nachsucht, wer also behauptet, daß die eingeführten Waren nicht der consommation locale
im engeren Sinne zu dienen bestimmt sind, muß dies den Oktroibeamten nachweisen. Für die nur
durchzuführenden Waren besteht Steuerfreiheit, wenn sie längstens 24 Stunden innerhalb des
Oktroigebietes gelagert werden; die Anmeldepflicht bleibt auch hierbei unberührt 20. Von der Oktroi-
pflicht find ferner befreit diejenigen Personen, die ein Nieder lagerecht (entrepöt) besitzen, d. h.
denen die Befugnis eingeräumt ist, in dem Oktroigebiet steuerpflichtige Waren, die für einen aus-
wärtigen Ort bestimmt find, zu lagern 21. Die Entscheidung über die Zahlung der Abgabe erfolgt
in diesen Fällen erst bei der Ausfuhr der Waren aus der Niederlage. Für die Bewilligung des
Niederlagerechts ist der Bürgermeister zuständig, gegen dessen Entscheidung Beschwerde bei der Gemeinde-
aufsichtsbehörde möglich ist.
Zulässig ist auch, daß diejenigen Personen, die Waren ein-= und ausführen, eine jährliche
Abfindungssumme (Abonnement) mit dem Bürgermeister vereinbaren; in diesem Falle bleiben
die einzelnen Transporte abgabenfrei ##. Andere Befreiungen sind nicht statthaft 23s, es müßte denn
sein, daß durch Gesetz die Steuerfreiheit ausdrücklich angeordnet wird, wie dies bezüglich des
Reichsfiskus hinsichtlich derjenigen Waren, die er für den eigenen Gebrauch einführt, durch Gesetz
vom 15. April 1911 (5 3) bestimmt ist.
8) Die Grundsätze des französischen Oktroirechts find auch unter deutscher Herrschaft aufrecht-
erhalten geblieben. Die in neuerer Zeit hervorgetretenen Bestrebungen, nicht nur Gegenstände des
Verbrauchs, sondern auch des Gebrauchs zu versteuern, sind daher mit Recht von den Gerichten
zurückgewiesen worden “.
Durch den Zollvereinigungsvertrag vom 8. Juli 1867, dessen Bestimmungen durch
Art. 40 R.V. aufrechterhalten worden find, ist das Recht der Gemeinden zur Erhebung von in-
direkten Steuern insofern beschränkt worden, als einmal ausländische Erzeugnisse, für welche bei der
Einfuhr ein höherer Zoll als 3 Mk. für 100 kg entrichtet worden ist, von Kommunalabgaben
befreit bleiben (Art. 5 Ziff. 1), und ferner, daß Kommunalabgaben nur erhoben werden dürfen von
Gegenständen, die zur örtlichen Konsumtion bestimmt sind (Art. 5 Ziff. II § 7 D. Als solche
Gegenstände der örtlichen Konsumtion sind nur anzusehen: Bier, Essig, Malz, Cider (Obstwein), die
der Mahl- und Schlachtsteuer unterliegenden Erzeugnisse, Brennmaterialien, Marktviktualien, Fourage,
endlich in den eigentlichen Weinländern auch Wein (Art. 5 Ziff. II § 7 Abs. 2). Indessen ist die
Wirksamkeit dieser Vorschriften für Elsaß-Lothringen durch § 5 des R.G. vom 25. Juni 1873,
betr. die Einführung der Verfassung des Deutschen Reichs in Elsaß-Lothringen ausgeschlossen worden 75.
7 Vgl. O. L.G. Colmar Els.-I. Z. 17 S. 36, 203; 19 S. 107; 22 S. 474. Rosenberg
26 O. L. G. Colmar Els.-l. Z. 37 S. 289.
29 Els.-I. Z. 17 S. 37. Bezüßlich er objets récoltés beginnt die Anmeldepflicht mit der
Trennung der Früchte vom Grundstück, bezüglich der objets préparés ou fabriqués erst nach ihrer
Herstellung, event. bei Herstellung in einer Privatniederlage erst mit der Verbringung aus dieser
Niederlage. Rosenberg S. 438 und die dort Zit.
20 O.L. G. Colmar v. 8. März 1898, Elfs.-l. Z. 23 S. 455. Es muß der Absendungs= und
der Bestimmungsort angegeben werden. Die steuerfreie Durchfuhr ist nur gegen Ausstellung eines
Durchfuhrscheines und Hinterlegung der Abgabe in bar oder gegen Bürgschaftsleistung zu-
lässig. Bei längerer Dauer der Lagerung als 24 Stunden kann ein Transitschein erteilt werden.
#1 Art. 11 der Ord. v. 9. Dez. 1814. Die entrepots werden von Oktroibeamten bewacht.
22 Dekret v. 12. Febr. 1870. Danach wird ein abonn. individuel und ein abonn. collectif
unterschieden. Das letztere wird Eisenbahnen, Staatsmanufakturen, Industriellen usw. bewilligt.
38 So Rosenberg S. 441 abw. von der Rechtsprechung des Kassationshofs, zitiert ebenda.
3 Auch aus § 66 Gem.O., der von Verbrauchsabgaben nach Maßgabe der bestehenden
Gesetze spricht, ist etwas Abweichendes nicht zu entnehmen. Die von Bruck I S. 331 (u. Katley-
Bruck, Gem. O.) vertretene Ansicht, daß durch die fragliche Bestimmung der Gem.O. die Erhebung
von Oktroi auf alle beliebigen Gegenstände, nicht nur auf solche der consommation locale zulässig
#eworden sei, ist unrichtig und kann vor allem auch nicht auf ein etwa in diesem Sinne ausgebildetes
ewohnheitsrecht gestützt werden. Vgl. O. L.G. Colmar v. 24. Febr. 1911, Els.-I. 3. 37 S. 225.
Die in zunge kommende Bestimmung lautet: „Die Beschränkungen, welche die Erhebun
von Abgaben für Rechnung von Kommunen nach Art. 5 des Zollvereinigungsvertrages v. 8. Juli
1867 (Art. 40 R.W.) unterliegt, finden auf die in E.-L. bestehenden Bestimmungen über das Oktroi
Fischbach, Elsaß-Lothringen. 12