Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

8 43 Das Finanzwesen der Gemeinden. 179 
  
Streitigkeiten ist vor der Vollendung des Transports der Ware der streitige Gebührenbetrag zu 
hinterlegen. Bei Klagen gegen die Gemeinde ist die Einreichung einer Denkschrift nicht erforderlich; 
auch bedarf der Bürgermeister zur Prozeßführung keiner Ermächtigung des Gemeinderats“?. An- 
sprüche auf Rückzahlung von Oktroigebühren verjähren in sechs Monaten“s; ein Anspruch auf Ersatz 
der Zinsen steht dem Gläubigen nach allgemeinen Grundsätzen nicht zu“. 
Rückständige Oktroigebühren werden auf Grund des § 69 Gem.O. im Verwaltungswege nach 
dem in der Verordnung des Statthalters vom 26. Mai 1905 (Zentr. Bl. S. 241) vorgesehenen Ver- 
fahren beigetrieben. Einwendungen gegen den im Zahlbefehl enthaltenen Anspruch sind (gem. § 69 
Gem.O., C.P.O. § 767) im Wege der Zivilklage geltend zu machen. 
b) Weitere Gemeindeabgaben. oa) Nach dem Gemeindeabgabengesetz vom 14. Dez. 1909 
Mantelgesetz) wird ein Wirtschaftsstempel erhoben für die Erlaubnis zum ständigen Betrieb einer 
neuen Gastwirtschaft oder einer neuen Schankwirtschaft, in welchen geistige Getränke zum Genuß auf 
der Stelle verabreicht werden 15. Der Betrag des Stempels innerhalb der vorgesehenen Grenzen wird 
durch einen Beschluß des Gemeinderats festgesetzt, der der Genehmigung des Bezirkspräsidenten bedarf. 
Unterläßt es der Gemeinderat trotz ergangener Aufforderung, über den Stempelbetrag rechtzeitig 
Beschluß zu fassen, so erfolgt die Festsetzung durch den Bezirkspräfidenten (§ 4. 
Bei der Übernahme einer bestehenden Gast= oder Schankwirtschaft kommt nur die Hälfte 
des festgesetzten Stempelbetrags zur Erhebung“e. 
Die Einweisung des Stempels für Rechnung der Gemeinde erfolgt durch die staatliche Ver- 
waltungsbehörde bei Erteilung der Erlaubnis zum Wirtschaftsbetrieb und wird vom Verkehrssteueramt 
eingezogen. Beim Betrieb der Wirtschaft durch eine juristische Person erfolgt Anweisung und Er- 
hebung der alle fünfzehn Jahre fällig werdenden Hälfte des Stempelbetrags unmittelbar durch die 
Gemeindeverwaltung (§ 7). 
6) Kurtaxen können (nach § 8 zit.) in Gemeinden, die Kurorte sind, für die Herstellung 
und Unterhaltung ihrer zu Kurzwecken getroffenen Veranstaltungen von den zureisenden Fremden 
erhoben werden. Die Bestimmungen über den Betrag der Vergütung und über die Voraussetzungen, 
unter denen fie zur Erhebung kommt, werden durch Beschluß des Gemeinderats festgesetzt, der der 
Genehmigung des Bezirkspräsidenten bedarf. Für die geschuldete Vergütung haften neben dem 
Fremden der Wirt oder Vermieter als Gesamtschuldner. 
Die Ansprüche auf Rückstände von Gemeindeabgaben (Steuern, Gebühren, Beiträgen, Ver- 
gütungen) verjähren, soweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften in Betracht kommen (Oktroi), 
in vier Jahren von dem Ablauf des Rechnungsjahres an gerechnet, in welchem der Anspruch ent- 
standen oder die bewilligte Zahlungsfrist abgelaufen ist (§ 9)“7. 
Mit der Einziehung der Gemeindeeinnahmen ist allein der Gemeinderechner, nicht der Bürger- 
meister beauftragt (§ 24 Gem.O.). Ersterer ist auch allein ermächtigt, bei Gericht Anträge auf 
Pfändung und Zwangsvollstreckung zu stellen. 
haupt aus Grund gsehlicher Ermächtigung erläßt, bezieht. Els.-L Z. Bd. 31 S. 390, Bd. 34 S. 124 
und Bd. 36 S. 11 (O.L.G. Colmar v. 14. Okt. 1910). Laferricre, Traité de la jurisdiction 
administrative (1887) S. 432. Die #itroigesehzeban in E.-L. ist irrevisibel. Vgl. O.L.G. 
Colmar v. 24. Febr. 1911, Jur.3Z. 37 S. 172, und R. G. v. 6. Okt. 1911, „Recht“ 1912 Nr. 3776. 
"1 Rosenberg S. 445; Dalloz P. 1848. 1. 59, 1875. 271, 1884. 1. 474; Fuzier- 
Herman, Octroi, Nr. 792. 
48 BVgl. jetz 1 des elsaß-lothr. Etatsgesetzes v. 20. Mai 1911. 
“" Val. O.L.G. Colmar v. 24. Febr. 1911 Bd. 36 S. 241, Bd. 35 S. 634; Dalloz, 
Suppl. Octroi, Nr. 239. 
“5 Der Stempel beträgt in Gemeinden unter 800 Einwohnern 100—800 Mk. und steigt bis 
z Gemeinden von mehr als 10 000 Einwohnern auf 500—1000 Mk. Gemeinden mit geringerer 
inwohnerzahl, insbesondere Kurorten, ferner aber auch Gemeiuden mit Vororten kann mit Rückficht 
auf letztere ein höherer Stempelbetrag durch das Ministerium zugebilligt werden. § 3N II. 
Andererseits kann in abgelegenen Gegenden und kleinen Ortschaften der Stempelbetrag auf 
8—24 Mk. ermäßigt werden. 5§ 6. 
Erfolgt die Ubernahme durch die Witwe oder durch Abkömmlinge des bisherigen Inhabers, 
so wird ein Stempel nicht erhoben. 
4 Betreibt eine juristische Person die Gast= oder Schankwirtschaft, so ist außer dem Stempel 
Hür die — der Erlaubnis alle 15 Jahre der Stempel mit der Hälfte des Betrages zu ent- 
richten. 
· «Durch§23it.istangeordnet,baßinjederGemeindeeinSteuetausfchußzubilden 
ist, der aus dem Bürgermeister als Vorsitzenden und aus einem oder zwei vom Gemeinderat ge- 
wählten Mitgliedern besteht. Die Bildung verschiedener Steuerausschüfse für die einzelnen Abgaben 
oder für örtlich abgegrenzte Gemeindeteile ist zulässig. Dem Steuerausschusse tritt bei der Wahr- 
nehmung der Befugnisse, die ihm in den Vorschri ten unter § 1 Nr. 1 und 3 (Grundwertabgabe, 
Hundesteuer) zugewiesen sind, der mit der Veranlagung der Abgabe befaßte staatliche oder Gemeinde- 
eamte als Mitglied hinzu. 
12“
	        
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