Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

4 Erster Teil. Die Entwicklungsgeschichte der reichsländischen Verfassung. * 2 
  
stehen; soweit sie dagegen nicht die oben erwähnten Materien regeln, sind auch die 
französischen Verfassungsgesetze in Kraft geblieben. 
Mit dem Augenblick, wo das abgetretene Gebiet aus der Machtsphäre des bis- 
herigen Staates ausscheidet, erlöschen, wenn auch nicht grundsätzlich, so doch tatsächlich, 
die meisten Staatsverträge des abtretenden Staates für dasselbe, aber nicht etwa, 
weil eine Nachfolge in diese Verträge nicht möglich wäre, sondern deshalb, weil die 
meisten Staatsverträge jura personalia der Kontrahenten sind 16. Dagegen wird all- 
gemein eine Nachfolge in eine gewisse Art von Staatsverträgen angenommen, nämlich 
in Verträge territorialen Charakters, d. h. solche, die lediglich das abgetretene 
Gebiet zum Gegenstand haben und ihrem Inhalte nach nicht mit der neuen staatsrecht- 
lichen Gestaltung des Landes in Widerspruch stehen. In Kraft geblieben sind dem- 
zufolge nachstehende Verträge: 
1. Staatsvertrag zwischen Preußen und Frankreich vom 28. Oktober 1829, betr. 
die Grenzberichtigung der beiderseitigen Staaten (Saar und Blies) (Bulletin des 
Lois, Série IX, Nr. 451); 
2. Staatsvertrag zwischen Baden und Frankreich vom 5. April 1840, betr. die 
Berichtigung der Rheingrenze (Bulletin des Lois, Série IX, Nr. 8694) 20; 
3. Staatsvertrag zwischen Baden und Frankreich über die wechselseitige Voll- 
streckbarkeit der Urteile in bürgerlichen Rechtssachen sowie die Zustellung gerichtlicher 
Akte und Entscheidungen vom 16. April 1846 (Bulletin des Lois, Serie IX, 
Nr. 12 762) 21; 
4. Staatsvertrag zwischen den Rheinuferstaaten vom 17. Oktober 1868, die 
sogen. „revidierte Rheinschiffahrtsakte“ (Bulletin des Lois, Série XI, Nr. 16 894) 22. 
§ 2. Die Abtretung des Landes und seine staatsrechtliche Vereinigung 
mit dem Deutschen Reich. I. Der Präliminarfriede von Versailles vom 26. Februar 
1871, welcher durch den am 2. März 1871 bewirkten Austausch der Ratifikationen 
perfekt wurde, bestimmte in seinem Art. 1: „Frankreich verzichtet zugunsten des 
Deutschen Reiches auf alle seine Rechte und Ansprüche auf diejenigen Gebiete, welche 
östlich von der nachstehend bezeichneten Grenze belegen sind .. Das Deutsche Reich 
wird diese Gebiete für immer und mit vollem Souveränitäts= und Eigentumsrecht 
besitzen 2." 
Der 2. März 1871 bildet also den Tag der völkerrechtlichen Vereinigung 
des Reichslandes mit dem Deutschen Reiche und zugleich den Rechtstitel für den 
dauernden Erwerb der genannten Gebiete durch das Reich. Von dem gleichen Zeit- 
punkt ab ist die Souveränität über Elsaß-Lothringen auf das Deutsche Reich über- 
gegangen 3. In einer Verfügung des Oberpräsidenten vom 2. Dezember 1871 (Verordn. 
u. Amtl. Nachr. Nr. 352, Straßb. Ztg. Nr. 290) ist irrtümlicherweise der 26. Februar 
— 
  
19 Huber a. a. O. S. 61; Leoni S. 12. 
20 Uber die gentsnern Geltung dieses Vertrages vgl. O L.G. Colmar v. 25. Febr. 1887 u. 
v. 11. Okt. 1889 (Els.I. Jur.. 12 S. 330; 15 S. 23) u. Reichsger. v. 6. Febr. 1891. (Els.-l. 
Jur.Z. 16 S. 193). 
21 Vgl. auch Art. 18 der Zusatzkonvention zum Frankfurter Friedensvertrag v. 11. Dez. 1871 
und Michaölis, Landesrechtliche Zivilprozehnormen, 2. A., 1904 S. 244 Bem. 1. 
22 Vgl. v. Traut, Die Zentralkommission und ihre Rechtsprechung, 2. A., 1913. 
(§2) 1 Es folgt nunmehr eine Beschreibung, die im wesentlichen in Ubereinstimmung mit einer 
bereits im September 1871 durch die geographische und statistische Abteilung des Großen General= 
stabes herausgegebenen Karte des Generalgouvernements Elsaß steht. Jedoch wurden die im ehe- 
maligen Moseldepartement gelegenen Dörfer St. Marie-aux-chönes bei St. Privat la Montagne und 
Vionville, westlich Rezonville, an Deutschland abgetreten, während Stadt und Festung von Belfort 
mit dem später festzusetzenden Rayon bei Frankreich verblieben. Leoni S. 3 N. 3. 
2 R.G.Bl. 1871 S. 216. 
2 In Theorie und Praxis ist dieser Zeitpunkt aber nicht einheitlich anerkannt. Die oben 
wiedergegebene Ansicht ist die herrschende. Loening S. 182, Bruck 1 S. 7. Leoni S. 3; auch 
der Friedensvertrag v. 10. Mai 1871 Art. 13, die Zollkonvention v. 11. Dez. 1871 Art. 2 (G. Bl. 
1872 S. 63). Art. 10 rechnen die endgültige Abtretung von der Ratifikation des Präliminarfriedens 
ab; ebenso die Bek. des Oberpräsidenten, betr. die Option, v. 7. März 1872 (Straßb. Ztg. Nr. 80). 
Ausnahmsweise gilt für die Vollstreckbarkeit der richterlichen Urteile, die gerichtliche Luständig.
	        
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