202 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. * 52
leisten (§ 10 II), sind aber keine Beamten im Sinne des Beamtengesetzes #, sondern
Personen des Soldatenstandes des stehenden Heeres'; als solche unterstehen sie den
Militärstrafgesetzen und der Disziplinarstrafordnung für das Heer. Die höhere Ge-
richtsbarkeit hat der kommandierende General, die niedere der Brigadier auszuüben.
Obgleich die Gendarmen nicht Beamte sind, kann über sie eine Disziplinar=
untersuchung verhängt werden wegen solcher Handlungen, die zwar nicht in den Straf-
gesetzen vorgesehen sind, durch welche sie aber die Pflichten ihres Amtes verletzt haben,
ferner in den Fällen, wo sie sich durch ihr Verhalten in oder außer dem Dienst der
Achtung, des Ansehens oder des Vertrauens, welches ihr Beruf erfordert, unwürdig
zeigen. Auf Grund der Disziplinaruntersuchung kann der Brigadier durch Beschluß
die Entfernung aus dem Dienst anordnen; gegen die Entscheidung des Brigadiers ist
binnen vier Wochen Rekurs an den Statthalter möglich (§ 13 zit.).
Vorgesetzte Dienstbehörde der Gendarmen und Oberwachtmeister sind die Kreis-
direktoren, sowie die Staatsanwälte beim Landgericht in den zuständigen Bezirken 6.
Die Verteilung der Gendarmen im Lande bestimmt das Ministerium im Einvernehmen
mit dem kommandierenden General (§ 6 Gesetz). Die dienstlichen Obliegenheiten der
Gendarmen sind durch besondere Dienstvorschriften? geregelt; alles, was zur Erhaltung
der öffentlichen Sicherheit und öffentlichen Ordnung dient, fällt in ihren Dienstbereich.
Die Gendarmen haben hauptsächlich strafbaren Handlungen nachzuforschen und die
Täter den Gerichten zu überliefern 10. In Ausübung ihres Dienstes können die Gen-
darmen unter denselben Voraussetzungen von der Waffe Gebrauch machen wie das
Militär 11; einer besonderen Ermächtigung der vorgesetzten Dienstbehörde bedürfen sie
(im Gegensatz zu den Schutzleuten) nicht. Danach ist der Waffengebrauch dem Gen-
darmen in folgenden Fällen gestattet: 1. wenn er tätlich angegriffen oder mit einem
Angriff gefährlich bedroht wird, oder wenn er Widerstand durch Tätlichkeiten oder
gefährliche Drohungen findet, zur Abwehr des Angriffs oder zur lberwältigung des
ist der kommandierende General in dieser Beziehung Organ der Landesstaatsgewalt, der hierbei in
keiner Veise vom preußischen Kriegsministerium reffortießz.
Die spezielle militärische A eficht wird von den Militärvorgesetzten der Gendarmen, einschließ-
lich der D#erchtmeister, geführt.
5* Die Gendarmen und Oberwachtmeister werden aus den Unteroffizieren des stehenden Heeres
mit weni stens neunjähriger Dienstzeit ergänzt. § 8 zit.
Das Reichsbeamtengesetz findet auf fsie nur insoweit Anwendung, als es nach § 175 auf
Personen des Soldatenstandes anwendbar ist oder durch besondere Bestimmung auf die Gendarmerie
ausdrücklich für anwendbar erklärt ist. Letzteres ist namentlich unt Bezug auf die Pension, zwangs-
weise Versetzung in den Ruhestand, Suspension der Fall. 88 18, 16. Vromi-Mandel S. 113.
Das Geleb. betr. die Pension der Witwen und Waisen der Boalhen und Lehrer, v. 24. Dez. 1873
(G. Bl. S. 515) gilt auch für die Witwen und Waisen der Gendarmen.
Gefreiten und Gemeinen gegenüber sind die Gendarmen militärische Vorgesetzte; das Recht der
Gendarmen, gegen Militärpersonen einzuschreiten, ist nach denselben Grundsätzen geregelt wie in
Preußen. n Cab Order v. 6. Dez. 1885.)
7 Nämlich im Sinne b Mil. Strafger. Ord. und des Mil. Str. G. B. Vgl. § 2 II E. G.
Mil. Str. G. B.
§# Die letzteren, weil die Gendarmen Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft sind. § 14 3. 1
Ver. R.K. v. 13. Juni 1879.
Ein Disziplinarrecht haben die Zivilbehörden gegenüber Gendarmen nicht, sie können nur
Zurechtweisungen erteilen. Anträge auf Disziplinarbestrafung find an die militärischen Vorgesetzten
zu richten. (Ver. v. 31. Mai 1881.) In dringenden Fällen kann aber die Zivilbehbrde (Kreisdirektor)
dem Gendarmen, der ein Dienst- ader 1# karehen be egangen hat, vorläufig die Ausübung aller
Dienstverrichtungen untersagen. Ges. Ver. ai 1881 Art. 1.) Leoni-Mandel
1
Kais. Ver. v. 26. Okt. 1872. §§ 15—18 sind durch die Ver. v. 5. Dez. 1881, betr. die
Tagegelder, Reisekosten und Umzugskosten, ersetzt. Ferner ist im Jahre 1893 eine Dienstanweisung
für die Gendarmen in E.-L. vom Ministerium und dem Generalkommando des 15. Armeekorps er-
lassen worden.
10 Den Patrouillengang regelt der Kreisdirektor. Dienstvorschr. 88 23
Nötigenfalls können die Gendarmen auch zum Transport von EInangenen. zur Deckung der
Reichsposten, der Beförderung öffentlicher Gelder und der Fortschaffung von Pulvervorräten owie
zur Arsübung l Militärpolizei bei Truppenmärschen gegen Nachzügler verwendet werden. Leoni-
ande
11 Ges. v. 28. März 1872, betr. Waffengebrauch des Militärs im Friedensdienst.