205
§ 53 Das Verordnungsrecht der Polizeibehörden.
lichen, daß die Landespolizeibehörde als vorgesetzte Aufsichtsbehörde sie anordnet oder
sie selbst an Stelle der Ortspolizeibehörde vornimmt.
Soweit durch die Tätigkeit des Bürgermeisters als Organ der Staatsgewalt
(& 16 Gem.O. „die ihm übertragenen Geschäfte der Landesverwaltung“) Kosten er-
wachsen, fallen dieselben regelmäßig der Staatskasse zur Last#, soweit sich nicht aus
besonderen gesetzlichen Bestimmungen (z. B. bezüglich der Ortspolizei) ein anderes ergibt.
§5 53. Das Verordnungsrecht der Polizeibehörden. I. Allgemeines.
Nur der Gesetzgeber kann Verwaltungsbehörden die Befugnis verleihen, durch Ver-
ordnungen Recht zu setzen; man spricht infolgedessen von einer Delegation der gesetz-
gebenden Gewalt !. Da die Gesetzgebung ihrem Wesen nach auf die Dauer und All-
gemeinheit berechnet und nicht immer imstande ist, sich den nach Raum und Zeit rasch
wechselnden Bedürfnissen des öffentlichen Lebens anzupassen, so behilft sie sich dadurch,
daß sie Verwaltungsbehörden die Befugnis delegiert, allgemeine Anordnungen im
Wege der Verordnung zu erlassen, die im Gegensatz zu den Verwaltungsverord-=
nun gen (die sich an die Dienstorgane richten) als Rechtsverordnungen bezeichnet
werden.
Die Zulässigkeit einer solchen Ermächtigung der Verwaltungsbehörden (Dele-
gation) ist heute allgemein anerkannt?. Etbenso unbestritten ist aber, daß die er-
mächtigte Behörde ihre Befugnis, ausdrückliche anders lautende Gesetzesbestimmungen
ausgenommen, nicht im Wege der Suddelegation weiter übertragen darf.
Das Gesetz bestimmt nun sowohl die Person des Verordnungsberechtigten wie
den Inhalt und den Umfang der Delegation. Man unterscheidet allgemeine und
besondere Delegationen, je nachdem eine gewisse Verwaltungsinstanz dauernd mit
der Regelung gewisser Materien betraut ist, oder ob ihr nur von Fall zu Fall die zu
regelnde Frage übertragen wird.
Von den verschiedenen Arten? der Verordnung soll hier des näheren die
Polizeiverordnung behandelt werden; dieselbe ist eine Rechtsverordnung, welche
unter Strafandrohung an die Untertanen polizeiliche Gebote oder Verbote richtet.
Die französische Revolutionsgesetzgebung von 1790 zog dem Polizeiverordnungsrecht
gesetzliche Schranken, indem sie zunächst anordnete, die Strafe könne unter allen
Umständen nur von einem formellen Gesetze ausgehen (nulla poena sSine lege).
Weiterhin wurde aber bestimmt, daß die Strafe nicht von der Polizeibehörde, sondern nur
von einem besonderen Gericht (dem Polizeigericht) verhängt werden darf". Im übrigen
20 Bei den Unternehmungen öffentlichen Nutzens ist auf Grund besonderer gesetzlicher Be-
stimmungen (Art. 6, 7 Ges. v. 3. Mai 1841) vorgesehen, daß in dem besonderen Vorverfahren
die erforderlichen Belanntmachungen durch die Bürgermeister mittels Verkündigung und Anschlags
sowie mittels Einrückung in ein Blatt zu bewirken sind. Die hieraus entstehenden Kosten sind zwar
keine Pflichtausgaben der Gemeinden (§ 65 II Gem.O. trifft nicht zu), indessen besteht eine Ubung
dahin, daß die Gemeinden diese Kosten tragen. Ebenso, wie mit den Bekanntmachungen in dem be-
sonderen Verfahren, verhält es sich mit denjenigen im allgemeinen Verfahren, da Bekanntmachungen
hier nur mittels Verkündigung und Anschlags vorzunehmen sind (Art. 5 Ord. v. 18. Febr. 1834;
Art. 3 Ord. v. 23. Aug. 1835). Tut der Bürgermeister ein übriges (g. B. in größeren Städten im
Interesse einer besseren Bekanntmachung), so hat die Gemeinde die Kosten zu tragen; hat dagegen
die staatliche Behörde den Bürgermeister mit einer ausgedehnteren Bekanntmachung beauftragt, so
hat der Staat die Kosten zu tragen. Dies gilt z. B. dann, wenn in dem Vorverfahren, betr. die
Erteilung der wasserpolizeilichen Genehmigung, der Kreisdirektor oder Bauinspektor den Bürgermeister
mit der Vornahme der erforderlichen Bekanntmachung beauftragt; in der Regel wird jedoch hier ein
Unternehmer vorhanden sein, an welchen sich die Staatskasse wegen der Kosten halten kann (5 2
Wassergesetz v. 1891; § 22 Gew.O.).
(§ 531 1 Fleiner S. 64 f.
* Jellinek, Gesetz und Verordnung; Fleiner S. 65; Esmein, De la délégation du
pouvoir Hgislatif (Revue pol. et parlem. 1 (1894] S. 290). ç
* Sehr häufig sind die sog. Ausführungsverordnungen zu Gesetzen, deren Zweck es ist,
den Willen des Gesetzgebers näher zu erläutern und zur vollen Entfaltung zu bringen. Fleiner
S. 69. „Die Ausführungsverordnung hat nur fertig zu denken, was im Gesetz schon gewollt ist.“
O. Mayer, Staatsrecht des Kgrs. Sachsen, S. 177.
Erlangt die Polizeibehörde von einer strafbaren Handlung (Übertretung) Kenntnis, so muß
sie einschreiten und den Fall zur Anzeige bei der Staats(Amts-anwaltschaft bringen. Ob ein