Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

208 Bierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 53 
  
Die Verordnungsbefugnis des Bürgermeisters ist formell in § 16 Gem.O. fest- 
gelegt. Für die sachliche Zuständigkeit ist hauptsächlich das Gesetz vom 16. August 
1790 Tit. 11 Art. 318 in Verbündung mit dem Art. 46 Gesetz vom 22. Juli 1791 
maßgebend. Analog wie die Verordnungsbefugnis des Bezirkspräsidenten an die 
räumlichen Grenzen des Bezirks ist diejenige des Bürgermeisters an das Gemeinde- 
gebiet gebunden. 
Auf Grund des § 14 Gesetz vom 30. Dezember 1871 in Verbindung mit der 
Verfügung des Oberpräsidenten vom 28. Februar 1873 sind die polizeilichen Befugnisse, 
insbesondere die Verordnungsbefugnisse zwischen Bürgermeister und Polizeidirektor des 
näheren voneinander abgegrenzt worden. Dem Bürgermeister ist insbesondere die Bau- 
und Feuerpolizei gelassen worden 16u. 
Bei dem Erlaß von Verordnungen ist der Bürgermeister grundsätzlich selbständig 
und nicht an die Zustimmung des Gemeinderats gebunden; Ausnahmen hiervon gelten 
nur für das Gebiet der Feldpolizei (§§ 19, 25, 38, 48 Feldpol. Str. G.). 
Die Polizeiverordnungen des Bürgermeisters bedürfen keiner Bestätigung durch 
die Gemeindeaufsichtsbehörde 1½. Indessen versteht es sich von selbst, daß sie sich nicht 
in Widerspruch mit den Verordnungen der höheren Behörden setzen dürfen, andernfalls 
wären sie von Rechts wegen unwirksam. Die gleiche Wirkung hätten solche Ver- 
ordnungen der ortspolizeilichen Behörde, die inhaltlich sich mit den Polizeiverordnungen 
höherer Behörden (Bezirkspräsident) decken. 
Andererseits ist die Aufsichtsbehörde zu einer Anderung oder Ergänzuug einer 
ortspolizeilichen Verordnung ebensowenig befugt wie zum Erlaß einer solchen an 
Stelle des Trägers der ortspolizeilichen Gewalt. Unbeschadet bleibt die Befuguis 
der Aufsichtsinstanz, der unteren Behörde den dienstlichen Befehl zur Aufhebung oder 
Abänderung der Verordnung zu geben . 
Um der höheren Behörde die Möglichkeit zu geben, gegen rechtsungültige Ver- 
ordnungen der unteren Instanzen einschreiten zu können, ist vorgeschrieben, daß die Ver- 
ordnungen unverzüglich an die Gemeindeaufsichtsbehörden einzureichen sind 21. 
IV. Polizeiverordnungen bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit einer Kundmachung 
(Publikation), für die gesetzliche Formen vorgeschrieben sind 22 8. 
Als Polizeiverordnung im Sinne des § 366 Z. 10 ist weder die polizeiliche Anordnung (Ver- 
##une noch auch das polizeiliche Gebot oder Verbot an den Einzelnen oder an einen bestimmten 
ersonenkreis zu erachten, vielmehr nur solche Verordnungen, die von den Trägern der voll- 
ziehenden Gewalt (Polizei) erlassen worden sind. Hierbei ist es einerlei, ob sie vom Landesherrn 
oder einer unteren Behörde ausgehen. . 
IsElf.-t.3.11S.23;§3683.1Stk.G.B. 
UsDadieernzenderStraßensuanauolizeiineinanderübergehen,kommtesshier leigt 
8 Kompetenzstreitigkeiten. Vgl. wegen der polizeilichen Zulassung von Schaukästen O.L. G. 
olmar v. 20. Jan. 1914 8 74/13. Die Praxis weist, unter Hinwegsetzung über theoretische Be- 
denken, einen erheblichen Teil der Straßenpolizei dem Bürgermeister zu. Vgl. z. B. die Bauordnung 
der Stadt Straßburg. 
19 Leoni-Mandel S. 108. Die Bestimmung des § 72 Abs. 2 Gem.O., wonach die Auf- 
sichtsbehörde eine dem Bürgermeister gesetzlich obliegende Amtshandlung selbst oder durch einen 
besonderen Beauftragten vornehmen kann, wenn der Bürgermeister die Vornahme verweigert, ist auf 
28 Verodnungere t des Bürgermeisters nicht anwendbar. Vgl. Förtsch-Leoni, Strafgesetze, 
2% Für den Bezirkspräsidenten kommt nur der dienstliche Befehl des Ministeriums in Be- 
tracht. Ungehorsam gegen den Befehl fällt lediglich unter das Disziplinarrecht. Leoni-Mandel 
Sr18, Fite Aufhebung von Verordnungen wie bei Verordnungen des Bürgermeisters kommt hier 
nicht in Frage. 
21 Auef. Best. zu § 16 Gem. O. Die Verordnungen sind dem Kreisdirektor (Art. 11 Ges. v. 
18. Juli 1837) und von diesem dem Bezirkspräsidenten vorzulegen. Indessen ist die Mitteilung. an 
den Bezirkspräsidenten kein weiteres Ersordernis für die Rechtsgültigkeit der Verordnung. O L.G. 
Colmar v. 30. Juni 1903, Elf.-l. Z. 1904 S. 523. 
22 Es kommen in Betracht der öffentliche Anschlag, Verlesen oder Ausrufen bei Trommel-- 
oder Trompetenschall, in den einzelnen Teilen der Gemeinde. Das Herkommen kann sich ändern. 
Soll die bisherige Ubung aufgegeben werden, so muß dieses vorher in ortsüblicher Weise bekannt- 
gemacht werden. Elf.-I. 3. 28 S. 276. 
*# Verordnungen, insbesondere Polizeiverordnungen sind für die Untertanen, die Verwaltungs- 
behörden und die Gerichte nur dann verbindlich, wenn sie sich innerhalb des Rahmens der Gesetze
	        
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