Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

210 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. § 54 
  
  
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Ansammlung auf öffentlichen Plätzen c, ohne daß für die Polizeibehörde eine-Gefahr 
für die öffentliche Ordnung vorzuliegen braucht. 
ur Auflösung einer Ansammlung auf öffentlicher Straße ist der Bürgermeister 
oder sein Vertreter und, falls diese nicht zur Stelle sind, irgendein Polizeibeamter 
befugt. Trägt der Beamte, z. B. der Bürgermeister, keine Uniform, so hat er, um 
seinen amtlichen Charakter erkennbar zu machen, sich mit einer in den Reichsfarben 
gehaltenen Schärpe zu bekleiden. Bei bewaffneten Ansammlungen ist eine zwei- 
malige Aufforderung, bei unbewaffneten zunächst eine Ermahnung und dann eine 
dreimalige Aufforderung zum Auseinandergehen an die Menge zu richten s. der 
Aufforderung hat ein Trommelwirbel oder ein Trompetensignal vorauszugehen ?v. Wird 
die letzte Aufforderung nicht befolgt, so geschieht auf Befehl des höchsten anwesenden 
Polizeibeamten die gewaltsame Zerstreuung der Menge. Zwischen den einzelnen Auf- 
forderungen müssen Pausen liegen, welche die Befolgung ermöglichen. Keiner Auf- 
forderung bedarf es natürlich, wenn es sich um direkte Angriffe gegen die Beamten 
oder das Militär handelt. Zum Waffengebrauch sind alsdann allgemein alle be- 
hördlichen Organe (Schutzleute, Forstschutzbeamte usw.), nicht bloß Gendarmen befugt. 
2. Falls das polizeiliche Aufgebot nicht ausreicht, kann die Hilfe des 
Militärs in Anspruch genommen werden. Bei dem Nachsuchen derselben muß Gegen- 
stand und Zweck des Verlangens so bestimmt angegeben werden, daß der militärische 
Befehlshaber mit Zuverlässigkeit seine Anordnungen trefsen kann 10. Es besteht eine 
Verpflichtung der Militärbehörden, dem Ansuchen der Zivilbehörden stattzugrben. Der 
militärische Befehlshaber übernimmt alsbald an Stelle der Zivilbehörden die Leitung 
bezüglich der zu treffenden Maßnahmen. Insbesondere richtet er die dreimalige 
Aufforderung 11 an die Menge, auseinanderzugehen, und ordnet nach der dritten Auf- 
forderung allenfalls den Waffengebrauch an. Sind vor Eintreffen des Militärs bereits 
eine oder zwei Aufforderungen an die Menge ergangen, so bedarf es einer Wiederholung 
derselben durch den militärischen Befehlshaber nicht. 
Abgesehen hiervon, kann militärische Hilfe in allen Fällen in Anspruch ge- 
nommen werden, wo die Kräfte der Zivilgewalt nicht ausreichen 132. Ein direktes Ein- 
schreiten des Militärs ohne vorausgegangenes Ersuchen der Zidvilbehörde ist jedoch 
grundsätzlich unzulässig 183. Ausnahmen von diesem Grundsatze gelten nur in folgen- 
den Fällen: 1. bei der gegen Militärpersonen gerichteten Militärpolizei 1, 2. bei einem 
unmitttelbaren Angriff gegen das Militär (Notwehr), 3. falls das Abwarten des Er- 
suchens der Zivilbehörde zu spät kommen würde, wenn also z. B. die Zivilgewalt als 
6 Der Begriff der Slte bestimmt sich hier 70h nach * lirecttlichn, sondern nach 
den allgemeinen strafgesetzlichen Bestimmungen. R.G.E 
ei Ansammlungen auf privaten rundstücken 6# 0s Ws Einschreiten nur möglich, 
wenn ftrafbare Handlungen verübt werden. 
D. h. also nicht bloß im Falle der Verhinderung, sondern auch der Säumnis. Leoni- 
Mandel S. 117. 
8 Eine bestimmte Formel für diese Aufforderung ist nicht vorgeschrieben. Das Gesetz vom 
3. Aug. 1791 erwähnt die Formel: „Gehorsam dem Gesetze! Man wird Gewalt gebrauchen. Die 
guten Bürger mögen sich enfferneni- 
Dalloz, Suppl. vo attroupement 10. Es. soll damit der Nachweis gefichert sein, daß 
jeder der Anwesenden die Aufforderang gehört hat. Ist eine mündliche Verständigung mit dem 
Publikum nicht möglich so geni ügt des Trommel- bzw. Trompetensignal. 
lic 9 Ges. v. 28. März 187 
1 § 4 des Ges. v. 23. När 382 sagt die „zweite Wiederholung“, deckt sich also nicht mit 
dem cdl v. 7. Juni 1848, wonach es bei bewaffneten Haufen nur einer zweimaligen Aufforderung 
beda rf. 
1½ 3. B. zur Hilfeleistung beim Vorgehen gegen Räuberbanden, Wilderer, bei Absperrungs- 
maßregeln usw. Bezüglich der Bewachung von Gefangenenanstalten ist durch Ges. v. 10. Juni. 1907 
(G. Bl. S. 67) bestimmt, daß an Stelle des Militärs die Beamten der Strafanstalten die Über- 
wachung auszuführen haben. Die Gefängnisbeamten dürfen zu diesem Zwecke von ihren Waffen 
gemäß der Feil Ver. v. 1. Aug. 1907 (G. Bl. S. 100) Gebrauch machen. 
#. die zscs v. 4= Nov. 1848 und Ges. v. 10. Juli 1791 Tit. 1 Art. VI, Tit. 3 
Art. xiw it. 8 und oben S 
14 Hinsichtlich des Verhältnisses der Landespolizei gegen Militärpersonen werden die in der 
*8 F Pa Oder . 6. Dez. 1855 enthaltenen Bestimmungen auch in E.-L. angewandt. Leoni- 
ande
	        
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