Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

222 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 5 57 
  
während Zeitungen gegenüber nur Repressivmaßregeln in Betracht kommen. Unter 
Plakat ist jede Schrift oder bildliche Darstellung", einerlei auf welche Art und 
aus welchem Stoff geschaffen, zu verstehen, welche dem Publikum durch öffentliches 
Anschlagen 5 oder Ausstellen mitgeteilt werden soll. Unter Anschlagen ist nur eine 
Befestigung an einem feststehenden, an einem öffentlichen Orte befindlichen Gegenstande 
zu verstehens. Das Ausstellen ist eine solche Handlung, welche eine Schrift usw. 
unmittelbar dem Publikum zugänglich macht; es kann auch in dem Aushängen, Aus- 
legen und Vorzeigen an eine unbestimmte Mehrheit von Personen bestehen ?7. 
Nicht als Plakate betrachtet werden die Schilder und Aufschriften zu 
geschäftlichen oder Verkehrszweckens, welche sich an Geschäftshäusern, 
Wohnungen usw. befinden. Nach den übereinstimmenden Bezirkspolizeiverordnungen? 
vom 7./11. August 1906 (A.Bl. S. 131, 136) dürfen solche Schilder usw. jedoch 
ohne polizeiliche Genehmigung nicht öffentlich angebracht werden; ausgenommen von 
diesem Verbot sind Wohnungs= und Geschäftsschilder, die lediglich den Namen von 
Personen oder in das Handelsregister eingetragenen Firmen enthalten 10. Von diesen 
Schildern und Aufschriften sind wiederum die „Anzeigen zu geschäftlichen 
wecken“ (§ 6) zu unterscheiden; letztere betreffen z. B. Reklamen, Preisnotizen, 
eisungen für das kaufende Publikum im Hinblick auf gewisse Waren; sie dürfen an 
den für diese Zwecke in Betracht kommenden Grundstücken, d. h. an den Geschäfts- 
grundstücken angeschlagen oder ausgestellt werden, auch wenn für nichtamtliche Plakate 
besondere Anschlagstellen bezeichnet sind. Ferner unterliegen sie nicht dem Verbot 
der weißen Farbe. 
Als Plakate gelten auch nicht Aushänge= und Schaukästen. Die Anbringung der- 
selben unterliegt bua u polizeilichen Vorschriften. 
Das Anschlagen oder Ausstellen von Bekanntmachungen, Plakaten und Aufrufen, 
deren Inhalt in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise die Grundlagen 
der bestehenden Staatsordnung angreift oder in sittlicher oder religiöser Beziehung 
Argernisse zu geben geeignet ist, ist nach § 3 Preßgesetz verboten 11. 
4 Mein Dltatgei S. 69 N. 12. Auch Bilderbogen, Extrablätter und einzelne Nummern 
können auf diese Weire zu Plakaten werden. Auch Lichtbilderreklamen sind als Plakate zu behandeln. 
Frio V.G. . 24. Jan. 1911, D.J Z. 1911 S. 878. Vgl. ferner K.G. v. 13. Okt. 1910, D.J Z. 
* hierzu Anw. Art. 4 Abs. 2. Es gehören hierher z. B. auch Wirtschaften und andere 
öffentliche Orte. # K. G. v. 19. Juni 1911 E Joh. 41 S. 411, Reger 32 S. 227. 
7 Mein Komm. S. 67 N. 8. 
Es find das die enseignes des französischen Rechts; das Charakteristikum der enseigne 
besteht darin, daß es angebracht ist, „sur ’immeuble meme, auquel elle se rapporte“. (Kassat. 
D.P. 1868. 1. 412.) Indessen werden auch solche Schilder usw. hierher gerechnet, die in der Nähe 
von Geschäftshäusern usw. angebracht find. Garnier, Rep. de T’enrégistrement, 6. Ed. v. 
afftche Nr. 1925. Ist eine Mauerfläche aber lediglich zum Zwecke des Anschlags gemietet worden, 
so kann sie nicht als Miets-(Geschäfts-) Raum erachtet werden. Pr. O. V.G. v. 21. Nov. 1911, 
Pr. Verw Bl. 1911/12 (33) S. 582. Als Plakate gelten auch nicht Aushänge= und Schaukästen. 
Val. O. L. G. Colmar v. 20. Jan. 1914 S. 74/13. 
6iDieselben beruhen auf Ges. v. 22. Dez. 1789, 1. 1790, Sekt. 8 Art. 2, Nr. 9; Ges. v. 
16./24. Aug. 1790 über die Gerichtsverf. und Tit. 1 Art. 16 Nr. 1 Ges. v. 19./22. Juli 1791. 
Das öffentliche Plakatwesen berührt jedenfalls die tranquillité publique und die séCcurné géné- 
rale, so daß der Bezirkspräsident zum Erlaß von Verordnungen zuständig ist, die das Bekannt- 
machen durch Anschlag betreffen. Vorausgesetzt ist aber, daß dies öffentlich geschieht, also in 
einer von der Straße aus sichtbaren Weise, gleichgültig, ob der Anschlag sich außerhalb oder 
innerhalb der Schaufenster befindet. Vgl. O. L.G. Colmar Elf.-I. Z. 15 S. 509 u. 29 S. 536. — 
Zum Anschlagen von auf ihren Gewerbebetrieb bezüglichen Plakaten innerhalb ihrer Geschäftsräume 
bedürfen Gewerbetreibende keiner polizeilichen Erlaubnis. BVgl. §§ 2, 3, 30 Pr.G.; pr. O. V.G. v. 
1. Mai 1908, Reger 29 S. 566. 
10 Etwaige weitere Zusätze unterliegen dagegen der polizeilichen Genehmigung. Hierbei ist 
aber zu beachten, daß allgemein alle Schilder und Ausschriften, auch diejenigen, die nur den Namen 
usw. enthalten, neben der sicherheitspolizeilichen auch der bau polizeilichen Genehmigung bedürfen. 
Z Die „Anbringung" von Geschäftsschildern usw. umfaßt nicht die Ausbesserung und Auf- 
frischung bereits bestehender Inschriften. Vgl. O. L.G. Colmar v. 6. Febr. 1900 (abw. v. 3. Okt. 
1893, Els.-I. Z. 19 S. 25), Els.-I. Z. 25 (1900) S. 549. 
11 Allenfalls kann auch gemäß § 360 Nr. 11 Str.G. B. eingeschritten werden. Oberst. L.G. 
München v. 22. Nov. 1898, Reger, 2. Erg. Bd. (1911) S. 98.
	        
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