228 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 8 60
(Ortschaften, Räumlichkeiten) von dem Bezirkspräsidenten untersagt werden darf, daß
ferner Haussuchungen einer polizeilichen Beschränkung nicht unterliegen (§ 101 Straf-
prozeßordnung, § 39 Strafgesetzbuch). Die tatsächliche Polizeiaufficht führt der Kreis-
(Polizei-" direktor des jeweiligen Aufenthaltsortes des Verurteilten.
3. Über die Ausweisung vgl. oben S. 32 f.
4. Das Waffenverbot. Die landesrechtlichen Vorschriften über das Tragen
verbotener Waffen sind neben der reichsgesetzlichen Bestimmung des § 367 Ziff. 9
Reichsstrafgesetzbuch in Geltung geblieben, und zwar nicht nur insoweit, als sie das in dem
vorerwähnten Reichsblankettgesetz vorausgesetzte Verbot der dort bezeichneten Waffen
enthalten, sondern auch, soweit sie weitergehende Verbote des Waffentragens aussprechen 1.
Das Verbot richtet sich nur gegen sogenannte verborgene Waffen (armes cachées);
das Tragen offener Waffen (armes apparentes) ist dagegen unbeschränkt gestattet.
Die in Betracht kommenden Gesetzesbestimmungen sind: die Deklaration vom 28. März
1728, deren Wiederabdruck durch das Dekret vom 12. März 1806 angeordnet worden
ist ! durch das Dekret vom 2. Niv. XIV wurde der Begriff der armes prohibées
auf Luftpistolen und gewehre ausgedehnt, und durch Ordonnanz vom 23. Februar
1837 das Verbot betreffs der Taschenpistolen erneuert. Art. 314 C. p. erweiterte
den Kreis der verbotenen Waffen, wurde aber ersetzt durch das Gesetz vom 24. Mai
1834, welches die gesamte Materie zusammenfaßte. Die Strafe lautet auf Gefängnis von
sechs Tagen bis zu sechs Monaten und Geldstrafe von 16 bis 200 Franken; im Rückfalle
können die Strafen die doppelte Höhe erreichen; beim Vorliegen mildernder Umstände
kommt Art. 463 C. p. zur Anwendung, wonach wahlweise auf Geld= oder Freiheits-
strafe, und zwar unter sechs Tagen bzw. unter 16 Franken erkannt werden kann (Art. 11).
Die Einziehung der Waffe erfolgt auf Grund Art. 314 C. p.18; sie muß erfolgen,
auch wenn der Träger 1 der Waffe freigesprochen wird 7.
Vierter Abschnitt. Die Verwaltung in bezug auf das
physische Leben.
Erstes Kapitel. Das Armenwesent.
§ 60. Der Unterstützungswohnsitz. I. Das Armenwesen umfaßt diejenige Tätigkeit des
Staates, welche auf die Behebung der den Staatsbewohnern durch die Armut erwachsenen oder noch
erwachsenden Gefahren und Nachteile gerichtet ist. Es fallen unter diesen weiteren Begriff sowohl
die Armenpflege, d. h. die Art und Weise der Aufbringung der Mittel und die Einrichtung der
Unterstützungen, als auch die Armenpolizei, d. h. die Vorschriften über die zwangsweise Durch-
führung der zu treffenden Maßnahmen.
Bis zum 1. April 1910 galt in Elsaß-Lothringen das französische System, nach welchem die
öffentliche Armenpflege teils eine obligatorische, teils eine fakultative ist, je nachdem seitens der be-
rufenen öffentlichen Verbände unter gewissen Voraussetzungen eine Unterstützungspflicht besteht oder
16 R.G. E. (Str.) 20 S. 43 u. in Els.-l. Z. 24 S. 207; ferner eod. Bd. 25 S. 61, RBd. 29
S. 128 u. 722, Bd. 30 S. 427; 1904 S. 128 u. R.G. E. (Str.) 42 S. 302 u. Büchler in Elf.-I.
Z. 1913 S. 55; Olshausen, Komm. Str. G. B. zu § 2 E.G. Str. G B. u. Anm. d zu § 367 3. 9.
16 Die Ordonnanz v. 21. Mai 1784 ist dagegen nicht mehr in Geltung.
17 Stellung unter Polizeiaussicht ist zulässig. Art. 4.
18 Und nicht auf Grund Art. 4 Ges. 1834. *5
1½ Lan Begriff des „Tragens“ genügt der bloße Besitz nicht; es ist ein Tragen am Körper
und außerhalb der Behausung erforderlich. Fuzier-Herman, Code ann., Nr. 140, 141.
260 Durch Polizeiverordnung kann rechtsgültig bestimmt werden, daß Waffen, insbesondere
Schußwaffen, und dazu gehörende Patronen nur an den rechtmäßigen Inhaber eines Waffenscheins
verkauft werden dürfen. § 367 Nr. 9 und § 2 Abs. 1 E.G. Str. G. B.; pr. O. V. G. v. 14. April
1904, Reger E. 24 S. 465; R.G. v. 19. Febr. 1903, Reger E. 24 S. 171.
15 60) 1 v. Reitzenstein, Die Armengesetzgebung Frankreichs in Schmollers Jahrb. 1881 S. 115;
v. Reichlin, Die Gimeindegesetgebung in E.-L., 2. Abschnitt; Schwander, Das Armeurecht in
E.-L. (1899); derselbe, Die Armenpolitik Frankreichs während der großen Revolution (1904);
Leoni-Mandel S. 151 f.; Bruck III S. 163; Sommer, Elsaß-lothringisches Armenrecht (1910),
und die Darstellung in v. Stengel-Fleischmanns Wörterbuch sub Unterstützungswohnsitz.