861 Die materielle Armenunterstützung. 239
hältnis zwischen Vorsitzendem und Verwaltungsrat hat Ahnlichkeit mit demjenigen
zwischen Bürgermeister und Gemeinderat, indessen wird die Grenzlinie zwischen
Beschlußfassung und Ausführung von Beschlüssen nicht so streng eingehalten, ins-
besondere können einzelne Kommissionsmitglieder mit Verwaltungsfunktionen betraut
werden 16.
Die Aufnahme der Kranken regelt der Direktor des Spitals!!7; bezüglich solcher
Kranken, die nicht der öffentlichen Armenpflege anheimfallen, kann die Anstalt Ersatz
ihre Pflegekosten vom Kranken selbst und von den unterhaltspflichtigen Verwandten
beanspruchen 18. Die Verwaltung des Vermögens der Anstalt erfolgt durch den
Verwaltungsrat. Derselbe beschließt endgültig, wenn es sich um die Verwaltung
der Güter und Einkünfte, die Bedingungen von Miet= und Pachtverträgen ländlicher
Grundstücke bis zu achtzehn, anderer Grundstücke bis zu neun Jahren, die Bedingungen
für Lieferungen und Arbeiten mit einer Dauer bis zu einem Jahr, die Ausführung
von Arbeiten bis zu 2100 Mark handelt. Diese Beschlüsse find vollstreckkar, wenn
sie nicht von der Aufsichtsbehörde binnen 30 Tagen nach ihrer amtlichen Mitteilung
aufgehoben werden. In allen übrigen Fällen bedürfen die Beschlüsse der Begutachtung
des Gemeinderats und der Genehmigung der Auffichtsbehörde .
Das Rechnungswesen 20 der Spitäler ist wie dasjenige der Gemeinden geregelt;
an die Stelle des Gemeinderates tritt bei der Prüfung und Feststellung der Rechnung
der Verwaltungsrat.
Die staatliche Aufsicht über die Kranken= und Pflegehäuser bestimmt sich nach
den Vorschriften über die Verwaltung der Gemeinde, in welcher sie ihren Sitz haben
(§ 15 Abs. 5 A.G.) 71.
c) Nach dem 1. April 1910 ist die Errichtung von Gemeindepflegehäusern oder
von Gemeindekrankenhäusern als selbständige Anstalten des öffentlichen Rechts nicht
mehr zulässig. Dieselben werden vielmehr Eigentum der Gemeinde. Sind sie von
einem Gesamtarmenverbande errichtet, so stehen sie im Miteigentum der zum Verband
vereinigten Gemeinden, sofern die Satzung nicht ein anderes bestimmt (§ 13 A. G.).
Wird einem Pflege= oder Krankenhaus die Rechtsfähigkeit entzogen, so gehen
Vermögen sowie Rechte und Pflichten auf die Gemeinde über, in der es seinen Sitz
hatte 5. Zur Ausführung von Erweiterungsbauten bedürfen bestehende An-
stalten der Zustimmung des Ortsarmenverbandes. Dieser kann im Falle des Be-
dürfnisses auch die Anstalt zu Erweiterungsbauten anhalten, wenn sie die Mittel hierzu
besitzt oder vom Ortsarmenverbande vorgestreckt erhält.
2. Die geschlossene Armenpflege der Landarmenverbände. Nach
21 A. G. gehen die Anstalten des Bezirks, welche ausschließlich oder vorwiegend den
wecken der öffentlichen Armenpflege dienen, in die Verwaltung des Landarmenver-
bandes über. Es gehören hierher insbesondere die Siechen-, Armen= und Irrenanstalten,
letztere, soweit sie mit der Pflege hilfsbedürftiger Kranken befaßt sind. Die Fürsorge der
dem Landarmenverband angehörigen Anstalten ist teils eine fakultative, teils eine
1½6 Leoni-Mandel S. 169.
17 An Orten, die kein Militärlazarett oder kein Gefängnisspital besitzen, müssen die Spitäler
auch Militärpersonen oder Gefangene gegen Erstattung der Kosten aufnehmen. Ver. v. 24. therm.
VIII Art. 9; Ges. a. 4. vendém. VI Art. 15; Dekr. v. 8. Jan., 1810.
18 Art. 5 Ges. v. 7. Aug. 1851; Art. 103 E.G. B.G. B. Über das Erbrecht der Anstalt
ogl. Kisch, Landesprivatrecht. S. 967: Molitor-Stieve S. 544 f.
16 Art. 10 Ges. v. 7. Aug. 1851. Vgl. die Aufzählung bei Leoni-Mandel S. 170. Das
Gutachten des Gemeinderats ist fir die Aufsichtsbehörde bindend, wenn es sich um die Veräußerung
von zum Frliftungsvermögen der Anstalt gehörigen Grundbesitz handelt. Art. 10 II zit.
10 Ubersteigen die Einnahmen der Anstalt nicht den Betrag von 24000 Mk., so werden die
Funktionen des Rechners von dem Gemeinderechner wahrgenommen. Die Kassenführung untersteht
der Aufficht der staatlichen Kassenkontrolleure.
Zwangsvollstreckung ist gegen Spitäler zulässig, dagegen nicht Konkurs. § 4 A.G. C. P.O.
*1 Nach den früheren gesetzlichen Bestimmungen war der Bezirkspräfident zwar die eigentliche
Aufsichtsbehörde über alle Pflege= und Krankenhöufer des Bezirks. Daneben hatte —
. Seine Einkünfte find vorbehaltlich der auf besonderen Rechtstiteln bernhenden Verpflichtungen
für die Zwecke der öffentlichen Armenpflege sicherzustellen. § 15 Abs. 3.