Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

242 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. g 63 
  
vorauszugehen. Ist die Übernahmeverpflichtung als solche anerkannt, so darf die 
Übernahme nicht aus dem Grunde verzögert werden, weil der zur Aufnahme 
verpflichtete Ort noch nicht feststeht?. Die Uberweisung der Ausgewiesenen ge- 
schieht in der Regel durch Transport bis zur Grenze des ausweisenden Staates und 
Ablieferung an die Polizeibehörde des Nachbarstaates; ausnahmsweise erfolgt die Ab- 
schiebung mittels Zwangspasses 10. Die bis zur Übernahme des Auszuweisenden infolge 
des Eingreifens der öffentlichen Armenpflege erwachsenen Kosten sind von dem ver- 
pflichteten Staat insoweit zu ersetzen, als die Fürsorge länger als drei Monate ge- 
dauert hat. (Freiz. Ges. § 7 II) 11. Die Kosten der Ausweisung trägt jeder Staat, 
auch derjenige, der nur für den Durchgangstransport in Frage kommt, für sein Ge- 
biet. (§§ 10, 11 Goth. V.) 
III. Die Eisenacher Konvention bestimmt, daß hilfsbedürftigen An- 
gehörigen eines anderen Staates (auch Osterreichs) im Erkrankungsfalle Kur und Ver- 
pflegung wie den eigenen Staatsangehörigen zu gewähren ist. Ein Erstattungsanspruch 
besteht gegen den Hilfsbedürftigen selbst oder seine unterhaltspflichtigen Angehörigen, 
nicht dagegen gegen öffentliche Kassen 12 (auch nicht wegen der Beerdigungzkosten). 
Die auf Grund der Eisenacher Konvention zu gewährende Fürsorge hat nicht 
länger zu dauern, als bis der Hilfsbedürftige ohne Gefahr für sich und seine An- 
gehörigen abgeschoben werden kann. 
IV. Ausländer: An sich kann der Ausländer jederzeit als „lästig“ aus- 
gewiesen werden. Aus Humanitätsrücksichten wird indessen bei armen Ausländern die 
Kraris beobachtet, daß sie nur im Wege des Übernahmeverfahrens entfernt werden 15. 
Der Träger der vorläufigen Fürsorgepflicht ist der Ortsarmenverband, der seinerseits 
Ersatz von der Landesverwaltung beanspruchen kann. (§ 60 U.W.G.) Auch der 
Ortsarmenverband des Dienst= oder Arbeitsortes kann zur Unterstützung herangezogen 
werden. (§ 31 A.G. U. W. G.) Die Zurückerstattung der aufgewandten Kosten kann 
von dem Heimatstaate des Ausländers in der Regel nicht beansprucht werden 1“; 
jedoch ist der Ausländer selbst und seine Angehörigen ersatzpflichtig 15. 
§ 63. Die vorbengende Armenpflege. Hilfskassen und Hilfsgenossen- 
schaften auf Gegenseitigkeit. I. Einrichtungen der vorbeugenden Armenpflege sind 
die Hilfsgenossenschaften auf Gegenseitigkeit (sociétés de secours mutuel)!, die ein- 
geschriebenen Hilfskassen? und die freien Hilfskassen. Vor dem Reichsgesetz über die 
privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901 (R.G.Bl. S. 139) war 
nur die Bildung der beiden erstgenannten Arten, und zwar die der Hilfsgenossenschaften 
auf Gegenseitigkeit, nach landesrechtlichen, die der eingeschriebenen Hilfskassen nach 
reichsrechtlichen Normen zulässig. Nach dem genannten Zeitpunkt war die Neu- 
errichtung von Hilfsgenossenschaften auf Gegenseitigkeit nur nach den Vorschriften des 
Reichsgesetzes von 1901 möglich. Mit dem Inkrafttreten des Krankenversicherungs- 
gesetzes wurde ein Teil dieser Kassen auf Antrag den Gemeindekassen bei Voraus- 
setzung gleicher Leistungen gleichgestellt bzw. als Ersatzklassen zugelassen. 
10 Separatprotokoll v. 29. Juli 1858. 
5 Ze dgimonaiige Frist beginnt mit der Benachrichtigung des übernahmepflichtigen Staates 
eger 
12 Es ist dies eine Ausnahmebestimmung von der Regel des § 7 II Frehh-Cel. wonach die 
aufgewendeten Kosten von den öffentlichen Koffen des nach dem Gothaer Vertrag verpflichteten 
Staates zu ersetzen sind, wenn die Fürforge des Hilfsbedürftigen länger als drei Monate gedauert 
hat. Reger, E. 1 S. 421. 
1# Vgal. Vollzugsanw. zu § 31 A.G. U.W. G. 1“ Sommer S. 181 N. 17. 
16 Mit einigen Staaten hat das Deutsche Reich Verträge geschlossen, welche die Übernahme 
regeln. Vgl. 55. Abkommen mit Frankreich von 1909 bei Sommer S. 966 f.; wegen der übrigen 
Staaten vgl. Bruck III S. 233f. 
|4 681] 1 Ges. v. 15. Juli 1850, Dekr. v. 14. Juni 1851, Dekr. v. 26. März 1852 (sog. décrets- 
ois. Leoni-Mandel S. 175 f.; Lisch S. 143 f.; Bruck III S. 171. Daselbst Näheres über 
Zweck, Einteilung und Organisation der Kassen. " 
«Reichsgesetzv. III Es über die Umwandlung der Hilfskassen in Versicherungsvereine 
auf Gegenseitigkeit vgl. & 101 Ges. v. 12. Mai 1901. 
 
	        
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