Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

  
8 66 Das Gesundheitswesen. 251 
sein müssen. Ist außer dem Falle des § 123 Ziff. 2 sofortiges Einschreiten dringend 
geboten, so kann das Vormundschaftsgericht vor endgültiger Glchleßaffung die für- 
sorgliche Unterbringungst anordnen (§ 121 A.G. B.G.B 
Die Anordnung der Zwangserziehung wird wirksam und Uuustreskbor mit der 
Bekanntmachung an denjenigen, für welchen sie ihrem Inhalte nach bestimmt ist 
(8 16 F.G., § 1 Abs. 1 A.G. F.G.). Durch die Anordnung der Zwangserziehung 
gehen Recht und Pflicht zur Erziehung des Minderjährigen von den gesetzlich be- 
rufenen Personen auf die Staatsgewalt übers?. Die Art der Zwangserziehung ist 
im Gesetz näher dahin bestimmt, daß der Minderjährige in einer Familie oder in 
einer Erziehungs= oder Besserungsanstalt unterzubringen ist. Die Entscheidung hier- 
über erfolgt durch den vom Ministerium hierzu bezeichneten Vorstand der Gefängnis- 
verwaltung (§ 125 A.G. B. G. B.). 
Die Wiederaufhebung 95 der Zwangserziehung erfolgt, wenn der Zweck derselben 
erreicht oder anderweit sichergestellt ist, durch das Vormundschaftsgericht, unabhängig 
davon aber auch durch den Vorstand der Gefängnisverwaltung (§# 126). Die Ober- 
aufsicht über das Zwangserziehungswesen führt das Ministerium. 
Die Kosten der Unterbringung werden aus der Landeskasse bestritten, die ihrer- 
seits Ersatz von dem Zöglinge sowie dessen unterhaltspflichtigen Angehörigen verlangen 
kann. Die Einziehung der Kosten erfolgt, vorbehaltlich des Rechtsweges über die Ver- 
pflichtung zur Zahlung, nach den Vorschriften über die Beitreibung öffentlicher Gefälle 
(5 127)8. 
Viertes Kapitel. 
§ 66. Das Gesundheitswesen. Die staatliche Tätigkeit, welche sich mit der 
Gesundheitspflege der Bevölkerung befaßt, besteht einmal darin, das Individuum vor 
Krankheiten zu schützen (vorbeugende Gesundbeitspflege) und weiterhin darin, die 
durch die Erkrankung hervorgerufenen UÜbel zu beseitigen (heilende Gesundheitspflege). 
Auf diese Weise erhält man die wichtige Einteilung der staatlichen Gesundheits- 
verwaltung in das Sanitätswesen, das wegen seiner Gefahren verhütender Natur 
polizeilichen Charakter hat, und in das Medizinalwesen, das einen Zweig der 
staatlichen Wohlfahrtspflege darstellt. 
Die Aufsicht und die Gesetzgebung in bezug auf das Gesundheitswesen stehen nach 
Art. 4 Ziff. 15 Reichsverfassung 1 dem Reiche zu. Die Organisation der Medizinal- 
behörden ist ganz dem Landesrecht überlassen geblieben, und auch im übrigen ist die 
Zuständigkeik der Landesgesetzgebung in fast allen Fällen erhalten geblieben. Die Ge- 
setze vom 22. Dezember 1789 Sekt. III Art. 2 Ziff. 9 und vom 16./24. August 1790 
Tit. 11 Art. 3 sind die Grundlage einer ganzen Reihe von Verordnungen geworden, 
die seitens der Bezirkspräsidenten und der Ortspolizeibehörden zur Erhaltung der 
öffentlichen Gesundheit getroffen worden sind. Die Voraussetzungen der Zulässigkeit 
sowie Inhalt und Umfang der den in Betracht kommenden Behörden zustehenden ge- 
sundheitspolizeilichen Anordnungen sind nicht näher bestimmt. Daher ist in einzelnen 
Fällen bei Anwendung der erwähnten gesetzlichen Bestimmungen der zuständigen Polizei= 
21 Eine Anhörung der Ssgostemwaltschet ist in diesem Falle nicht erforderlich. O. L.G. 
Colmar v. 12. Febr 1913 Elf-I. Z. 1918 S. 3 
Über das EWiehungerecht gegenüber einem Zwangszögling vgl. R.G. (Str.) v. 21. Febr. 
1907, Re er E. 30 S. 
ei der nur Sebße rruflichen Entlassun E 126) kann der Vorstand der Gefängnis- 
*st dem Minderjährigen eine besondere Aufsicht bestellen und den Eltern usw. gewisse Auf- 
agen machen. 
gl. Ver. d. Statth. v. 26. Mai 1905 (Zentr. Bl. S. 41), ferner Min.Verf. v. 20. Juni 1891, 
Stessend ieskine der Kosten, welche durch die 1terheinzung verwahrloster Kinder entstehen 
entr 
(/§ 65] 1 Eine gesetzgeberische Tätigkeit hat das Reich nicht in allzu großem Umfang entwickelt. Es 
gehören hierher das Impfgesetz, die Nahrungemittelgesetzgebung und die Gesetgebung zur Bekämpfung 
gemeingefährlicher Krankheiten. 
urch Bundesratsbeschlüsse find für die einzelnen Staaten gleichlautende Bestimmungen in 
bezug auf die Ausgestaltung des landesrechtlichen Gesundheitswesens eingeführt worden.
	        
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