Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

258 Bierter Teil. Die Landesverwaltung. * 66 
  
  
hat ein Bürgermeister oder ein Beigeordneter. Alle zwei Jahre erneuert sich die 
Kommission zu einem Drittel; die ausscheidenden Mitglieder sind wieder wählbar (Art. 2). 
Die Kommission hat die als ungesund bezeichneten Wohnungen aufzusuchen, den Zu- 
stand der Gesundheitswidrigkeit näher festzustellen und dessen Ursache sowie die Mittel 
zur Abhilfe anzugeben; weiterhin hat sie die Wohnungen anzugeben, welche eine 
Verbesserung ihrer Gesundheitsverhältnisse nicht zulassen. Die Kommission erstattet 
über ihre Untersuchungen schriftlichen Bericht, der auf dem Sekretariat des Bürger- 
meisteramts zur Einsichtnahme der vorher aufgeforderten Parteien aufzulegen ist. Binnen 
Monatsfrist können die Beteiligten ihre Einwendungen geltend machen; nach Ablauf 
dieser Frist werden die Berichte mit Bemerkungen dem Gemeinderat unterbreitet, welcher 
zu bestimmen hat: 1. die zur Verbesserung der Gesundheitsverhältnisse vorzunehmenden 
Arbeiten und die Orte, wo letztere ganz oder teilweise ousgeführt werden sollen, sowie 
die Fristen für deren Vollendung; 2. die Wohnungen, welche eine Verbesserung der 
Gesundheitsverhältnisse nicht zulassen (Art. 5). 
Die erwähnten Beschlüsse des Gemeinderats brauchen die für erforderlich 
erachteten Ausbesserungen und Maßnahmen nur sachlich zu bezeichnen; Auf- 
gabe der Polizeibehörde ist es, diese Anordnungen gegen bestimmte Personen 
in Vollzug zu setzen (Art. 7, 12) 37. Dieser Vollzug ist bei mehreren gesetzlich Ver- 
pflichteten (Eigentümer, Nießbraucher) gegen jeden derselben zulässig. Der polizeiliche 
Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses kann sofort erfolgen, nur der Rekurs hat auf- 
schiebende Wirkung 38. 
Der Rekurs ist binnen Monatsfrist seit der Zustellung des Gemeinderatsbeschlusses 
einzulegen. Gegen die Entscheidung des Bezirksrates ist weiterer Rekurs an den Kaiser- 
lichen Rat zulässig 3“. Werden innerhalb der bestimmten Fristen die von dem Ge- 
meinderat für notwendig erachteten Arbeiten nicht ausgeführt, und wird die Wohnung 
weiter bewohnt, so wird der Eigentümer oder Nutznießer zu einer Geldstrafe von 12 
bis 80 Mk. durch das ordentliche Gericht verurteilt. Wird auch in dem auf die 
Verurteilung folgenden Jahre die Arbeit nicht ausgeführt, so verfällt der Eigentümer 
oder Nutznießer in eine Geldstrafe, die dem Geldwerte der Arbeiten gleichkommt und 
auf das Doppelte erhöht werden kann (Art. 9). Ist durch Gemeinderatsbeschluß fest- 
gestellt, daß die Wohnung eine Verbesserung ihrer Gesundheitsverhältnisse nicht zuläßt, 
so kann die Gemeindebehörde deren Vermietung als Wohnung binnen einer zu be- 
stimmenden Frist bis auf weiteres verbieten (§ 10)46; das endgültige Verbot kann 
nur vom Bezirsrat ausgesprochen werden, gegen dessen Entscheidung Rekurs an den 
Staatsrat zulässig ist. 
Ist die Gesundheitswidrigkeit das Ergebnis von äußeren und bleibenden Ursachen, 
oder können diese Ursachen nur durch zusammenhängende Arbeiten (Sanierung einer 
Gegend, eines Stadtteils) beseitigt werden, so kann die Gemeinde das Enteignungs- 
verfahren gemäß Gesetz vom 3. Mai 1841 hinsichtlich der im Umkreise der Arbeiten 
gelegenen Besitzungen betreiben (Art. 13). 
4. Kirchhöfe und Begräbnispolizei'". Jede Gemeinde soll in einer 
37 O. L.G. Colmar v. 17. März 1903, Els.-lI. Z. 29 S. 176. Für die polizeiliche Verfügung 
ist die einsach Behändigung als Zustellung (notification administrative) ansreichend. In Ge- 
meinden, in denen der Bürgermeister die Baupolizei handhabt (vgl. bezüglich Straßburg Verf. des 
Oberpräf. v. 28. Febr. 1873), ist der Bürgermeister für die Zustellung der polizeilichen Verfügung 
zuständig. 
Die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses erfolgende polizeiliche Untersuchung hat nur 
borlsusinene Eiaraster, da die endgültige Entscheidung durch den Bezirksrat zu erfolgen hat. Elf.-I. 
. (:).. 
HVVgLEntchdesKais.Ratsv.28.Mail904Nr.398undv.25.Nov.1905Rt.426; 
hierselbst auch Ausführungen über die Abgrenzung der Zuständigkeit des Gemeinderats und der Ge- 
werbeaussicht bei Anordnung der Beseitigung von Gesundheitsschädlichkeiten. 
»o Ohne vorherige Frlehung ist eine Bestrafung unzulässig. Els.-I. Z. 33 S. 489. Bezüglich 
der Strafen gelten ähnliche Vorschriften wie in Art. 9. 
Sn Strafgelder fallen dem Armenrat oder den Wohltätigteitsanstalten des Ortes zu. Bgl. 
oben S. 
Die Vorschriften der Begräbnispolizei berühren nicht nur das Gesundheitswesen, sondern 
auch das der Kultusverwaltung und des Gemeinderechts. Die gesetzlichen Vorschriften find enthalten
	        
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