Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVI. Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (26)

§ 66 Das Gesundheitswesen. 265 
  
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des Verkehrs mit Arzneimitteln im Kleinhandel ist wiederum der Verkehr innerhalb 
und außerhalb von Apotheken zu unterscheiden. Die bereits erwähnte Kaiserliche Ver- 
ordnung vom 22. Oktober 1901 unterscheidet zwei Gruppen von Arzneimitteln. Die 
im Verzeichnis B aufgeführten Stoffe dürfen außerhalb von Apotheken überhaupt 
nicht feilgehalten und verkauft werden ?2. Für die im Verzeichnis 4A aufgeführten 
Gegenstände ist für die Frage, ob sie dem freien Verkehr entzogen find, der Ver- 
wendungszweck maßgebend. Als Heilmittel, d. h. als Mittel, die nicht bloß 
zur Heilung bereits vorhandener Krankheiten, sondern auch zur Vorbeugung gegen 
Krankheiten und zur Erhaltung und Stärkung der Gesundheit dienen (Stärkungsmittel 5), 
dürfen die genannten Stoffe, ohne Rücksicht darauf, ob sie heilkräftige Substanzen ent- 
halten oder nicht, außerhalb von Apotheken nicht feilgehalten oder verkauft werden; dagegen 
sind sämtliche Zubereitungen zu anderen als Heilzwecken dem freien Verkehr überlassen. 
c) Eine weitere wichtige Unterscheidung für den Handel mit Arzneien ist die in 
stark wirkende Arzneimittel, Gifte oder Geheimmittel"“. 
a) Die starkwirkenden Arzneimittel". dürfen, soweit sie nach der Verordnung 
von 1901 dem freien Verkehr entzogen sind, nur auf Grund einer schriftlichen, mit 
Datum und Unterschrift bersehenen Anweisung (Rezept) eines Arztes. Zahnarztes, Tier- 
arztes als Heilmittel abgegeben werden . 6) Gifte' sind nur diejenigen Drogen, 
chemischen Präparate und Zubereitungen, die in den den Verordnungen vom 
1. April 1895 (G Bl. S. 35), vom 6. Juli 1901 (G.Bl. S. 52) und vom 
17. März 1906 (G.Bl. S. 47) beigegebenen Verzeichnissen aufgeführt sind. Bei dem 
Handel mit Giften in Apotheken ist zu unterscheiden, ob sie zu Heilzwecken oder 
zu anderen Zwecken abgegeben werden sollen. Im ersteren Falle gelten lediglich die 
für stark wirkende Arzneimittel gegebenen Vorschriften, im letzteren darf der Verkauf 
nur von dem Geschäftsinhaber oder dem von ihm Beauftragten unter Beobachtung 
gewisser Formen vs vorgenommen werden. Der Handel mit — dem freien Verkehr 
überlassenen — Giften außerhalb der Apotheken ist nur gestattet nach vorheriger An- 
zeige an die Ortspolizeibehörde, die hierüber eine Bescheinigung auszustellen hat. Im 
übrigen gelten, was die Aufbewahrung und die Abgabe der Gifte anlangt, dieselben 
Vorschriften wie für Apotheken. y) Die den Verkauf von Geheimmitteln durch 
Apotheken betreffende Verbotsbestimmung des Art. 31 S. 2, Gesetz vom 21. Germ. XI 
besteht noch zu Recht v. Zur Ausschließung des Begriffs Geheimmittel ist erforderlich, 
## Erlaubt ist der Verkauf an Apotheken oder an solche öffentlichen Anstalten, die Unter- 
suchungs- und Lehrzwecken dienen und nicht gleichseitig Heilanstalten sind (Großhandel). 
O. L.G. Colmar v. 3. März 1896, Els.-L. Z. 21 S. 460 und ebenda Bd. 28 S. 65. 
Arzneimittel, die nicht unter eine dieser drei Kategorien fallen, sind an sich dem freien 
Handverkauf überlassen. Formell besteht die Vorschrift des Art. 32 S. 1 des Ges. v. 21. germ. II 
zu Recht, nach welchem der Handverkauf aller Anzneimittel untersagt ist. Es wird indessen auf 
Grund dieser Bestimmung nur dann vorgegangen, wenn besondere Gründe vorliegen, z. B. ein Apo- 
theker Kurpfuscherei treibt. Bruck II S. . 
55 Es sind das die Drogen und Präparate sowie die solche Drogen und Präparate enthaltende 
Zubereitungen, welche das der Ver. v. 22. Juli 1896 (G. Bl. S. 58) beigegehene Begeichnis aufführt. 
gänzungen zu diesem Verzeichnis datieren v. 7. Febr. 1898 (G. Bl. S. 9), 15. Aug. 1898 (G.Bl. 
S. 83), 21. Olt. 1901 (G. Bl. S. 87), 23. April 1906 (G Bl. S. 49), 7. März 1908 (G. Bl. S. 31). 
Die Berarduung ist ergangen auf Grund des Ges. v. 19. Juli 1845 über den Verkauf giftiger Stoffe. 
de Straf estimmung 367 Ziff. 3 u. 5. § 324 Str.G B. 
Nach § 34 Abs. 8 Gew.O. ist es dem Landesrecht überlassen, vorzuschreiben, daß zum 
Handel mit Giften eine besondere Genehmigung erorderlichk, sei. Die Landesgesetzgebung hat auch 
zu bestimmen, welche Stoffe als Gifte zu behandeln seien. Vgl. § 40 Ausf. Anw. v. 27. Dez. 1888 
(Centr. Bl. S. 309, 1907, S. 91). Z 
os Giftkammer, Giftschrank, Giftbuch, Gistschein. Vgl. auch Dekret, betr. die Untersuchung 
der Apotheken und Drogistenläden, v. 23. März 1859, Bull. des lois XI Nr. 63638. 
% O.L.G. Colmar v. 19. Okt. 1897, Els.-l. Z. 23 S. 68; R.G. v. 25. Mai 1882 E. 6 Nr. 10 
und RN. 9 Nr. 295; R.G. v. 13. Okt. 1890, Jur. Woch. 1890 S. 400 1. Durch 530 Ziff. 3 Str. G. B. 
ist eine Bestimmung des Landesstrafrechts, betr. das unbefugte und prahlerische Anpreisen von 
Arzneien, nicht auseehoben- § 367 Z. 3 u. 5. wendet sich lediglich gegen das unerlaubte Zubereiten, 
Feilhalten, Verkaufen und Überlassen von Giften, Arzneien, Dadurch ist die Materie der Sanitäts= 
vollgzei gegenüber die Landesgesetzgebung nicht erschöpft. Über den Be rif des Geheimmittels vgl. 
v. tengel Fleif mann Beo. II S. 26 und Bezirkpolizeiver, v. 14. Dez. 1903, ergänzt durch 
Ver. v. 10. Aug. 1907 (Centr. Bl. S. 178 bzw. 231).
	        
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