276 Vierter Teil. Die Landesverwaltung. 69
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früheren Gesetze sind bestehen geblieben, das neue Gesetz bringt in Einzelheiten Ver-
besserungen; ferner erweitert es den Kreis der Versichertens und das Maß der
Leistungen. Vor allem aber hat die Reichsversicherungsordnung eine einheitliche Be-
hördenorganisation im ganzen Reiche gebracht, indem das Reichsversicherungsamt die
Spitze der Landesversicherungsämter(-anstalten) bildet, von welch letzteren wiederum die
Oberversicherungsämter und die Versicherungsämter abhängen.
Die leitenden Grundsätze für die Arbeiterversicherung sind: 1. der Versicherungs-
zwang, d. h. der Einzelne muß beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen versichert
sein; daneben ist noch Raum für solche Personen, die sich freiwillig versichern wollen.
2. Die Zwangsversicherung, d. h. die Art der Versicherung, ist nicht in das
Belieben des Einzelnen gestellt, sondern er muß sich der dazu bestimmten Einrichtungen
bedienen. 3. Die Kosten der Versicherung werden grundsätzlich von den Beteiligten
— Arbeitern und Arbeitgebern — aufgebracht; eine Ausnahme besteht nur zugunsten
der Invaliditäts= und Hinterbliebenenversicherung, wo ein Zuschuß aus Reichsmitteln
geleistet wird.
A. Die Krankenversicherung. I. Träger derselben sind die Kranken-
kassen, deren die Reichsversicherungsordnung sechs Arten kennt: Ortskranken-
kassen" (§ 226 f.) für die bereits bisher Versicherungspflichtigen, Landkranken=
kassens (§ 235 f.) für Landarbeiter, Dienstboten usw., Betriebskranken-
kassen (§ 245 f.) für Fabriken und andere größere Betriebe einzelner Unternehmer,
Innungskrankenkassen (8 250 f.) für die Handwerksgesellen und Lehrlinge,
Knappschaftskassen (§ 495 f.) für die in Berg= und Hüttenwerken beschäftigten
Arbeiter, und Ersatzkassen (§ 503 f.), das sind die früheren Hilfskassen (nunmehr
Vereine auf Gegenseitigkeit genannt), denen die Bescheinigung erteilt ist, daß ihre Mit-
glieder nicht gleichzeitig einer anderen Kasse anzugehören brauchen, im Gegensatz zu
den Zuschußkassen, welche ihren Mitgliedern ergänzende Leistungen neben der
gesetzlichen Kasse bieten.
II. Organe der Krankenkassen sind ein Ausschuß und ein Vorstand (§88 327,
332, 338), deren Mitglieder zu einem Drittel Arbeitgeber, zu zwei Dritteln Versicherte sind,
die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden. In der Regel genügt
zu einem Beschluß die einfache Majorität, indessen ist für bestimmte Fälle (Wahl des
Vorsitzenden, Anstellung und Entlassung von Beamten, Erhöhung der Beiträge (§§ 328,
319, 388) die Mehrheit der beiden Vertretergruppen (Arbeitgeber und Arbeiter) vor-
geschrieben, andernfalls die Entscheidung des Versicherungsamtes einzuholen ist. Jede
Kasse hat eine Satzung (§ 320 f.), durch die insbesondere eine Erhöhung der Bei-
tragsleistungen vorgesehen sein kann. Mehrere Kassen im Bezirke desselben Versicherungs-
amtes können zu einem Verbande (§ 406 f.) vereinigt, eine Kasse kann in
Sektionen für bestimmte Mitgliedergruppen (§ 415) getrennt werden. Aussichts-
behörde ist das Versicherungsamt (§ 377 f.).
IIII. Versicherungspflichtig sind grundsätzlich (§ 165) alle entgeltlich
beschäftigten Personen 6. (Dazu zählen außer den Arbeitern auch Betriebsbeamte, Werk-
meister, Handlungsgehilfen, Lehrer, Hausgewerbetreibende u. a.) Der Versicherungs-
pflicht nicht unterworfen sind Personen, die nur vorübergehend Dienstleistungen ver-
richten, ferner Beamte' (§ 168 f.). Freiwillig in die Versicherung eintreten (§ 176)
können unentgeltlich beschäftigte kleine Unternehmer (die höchstens zwei Versicherte be-
schäftigen). Ferner kann derjenige, der früher ununterbrochen 26 Wochen lang oder
* Einbezogen sind nunmehr die landwirtschaftlichen Arbeiter, das Gefinde und die sonst in
der “i aft tätigen Personen und die Hausgewerbetreibenden.
ber deren jurstiische Natur R. G. E. (Str.) 38 S. 17. Die Vorstände der Ortskrankenkasse find
keine Beamte im Sinne des Str. G. B.
5 In E.-L. ist durch § 1 A.G. R.V.O. von der Gründung von Landkrankenkassen Abstand
genommen worden.
Peitere Befreiungen kann der Kassenvorstand bewilligen. §§ 178,
ber den Begriff des Vorarbeiters oder selbständigen ar 1 1 v lOLG Colmat
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S. 273 u. ebenda Bd. 29 S. 85.